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Lüge vor Amt

Eine Lüge vor einem deutschen Amt habe ich vor 37 Jahren mit einer Mittäterin begangen, und da ich fest davon ausgehe, dass Verjährung gilt, kann ich sie wohl jetzt gestehen, um mein Gewissen zu entlasten.


Es war 1977 in Hamburg, ein Jahr nachdem ich nach Deutschland gezogen war und heiraten wollte. Als Trauzeugin hatte ich meine beste Freundin Arlette aus Frankreich gewählt, die auch extra für die Trauung eingereist ist. Bei der Erledigung der Formalitäten fragte mich die Standesamtsangestellte, da meine Trauzeugin Französin war, ob sie gut Deutsch könne: Es sei nämlich Vorschrift, wenn ein Ausländer vor Amt irgendetwas bezeugen oder aussagen soll, dass gewährleistet wird, er beherrsche die deutsche Sprache gut, sonst muss man einen vereidigten Dolmetscher bestellen, was in diesem Fall auf  meine Kosten gehen würde. Ich überlegte kurz und antwortete, doch, sie könne sehr gut Deutsch, kein Problem, einen Dolmetscher brauchen wir nicht. Was glatt gelogen war: Meine Freundin verstand nämlich kein Wort Deutsch...

 


Ich habe sie also in die Lügengeschichte vor der Trauung eingeweiht: Was kann groß bei einer Trauung zu verstehen oder nicht zu verstehen sein? Dich wird man wohl nur bitten, da zu unterschreiben und Du unterschreibst da, ganz einfach. Und wenn irgendeine kleine Frage Dir gestellt wird, kann das nur etwas ganz Harmloses sein, also antwortest Du „Ja“, ganz einfach. Meine Freundin war natürlich sofort einverstanden, klar, wir waren ja sehr gute Freundinnen und sind es heute noch, die gemeinsame Betrügerei vor Amt hat unserer Freundschaft keinen Abbruch getan.


Wir hatten aber nicht damit gerechnet, dass der Standesamtsbeamte am Tag der Trauung uns wohl beide durchschaut hatte...

 


Als es so weit war, fragte er meine Freundin, ob sie Frau Arlette S. sei, was ganz einfach zu beantworten war, sie konnte hier zumindest ihren eigenen Namen verstehen. Sie antwortete also ohne zu zögern „Ja“. Dann fragte sie der Standesamtsbeamte: „Ich gehe davon aus, dass Sie Deutsch gut verstehen können, nicht wahr?“ Zwar klang diese Frage für sie wie Chinesisch, aber sie antwortete brav „Ja“. Die nächste Frage war: „Sie verstehen also, dass es sich heute um eine Beerdigung handelt, nicht wahr?“ Meine Freundin war zwar langsam durch die Fragerei verunsichert, aber sie antwortete tapfer „Ja“.  Jeder ist natürlich im Saal in Lachen ausgebrochen, einschließlich der Standesbeamten, zur kompletten Verwirrung meiner Komplizin. Daraufhin sagte er zu ihr mit einem Lächeln: „Ist schon klar, Madame... Ist schon klar... Ihre Freundin werde ich trotzdem heute trauen“.  

Wer sagt denn, dass deutsche Beamten immer nur stur nach Vorschriften handeln?

 

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