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Ich muss erst einmal sagen, dass ich mit dem Skifahren ein bisschen spät angefangen habe, sagen wir mal so neutral... Ein Mal habe ich als Fastanfängerin mit meinem Mann und einer meiner Schwester ein Skiurlaub in Frankreich verbracht. 

 

Ich muss auch sagen, dass ich – im Gegensatz zu meiner Schwester Muriel – nicht gerade ein Naturtalent in Sachen Skifahren bin. Nicht, dass ich nicht gut und elegant Skifahren kann, nein, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass meine Skier offensichtlich Schwierigkeiten haben parallel zu bleiben und die lästige Neigung zeigen, sich bei völlig  unpassenden  Situationen zu überkreuzen, zum Beispiel:  

 

 

Geradeaus Schuss,  auf den roten Pisten, in den Kurven, in den Schrägen, auf den Buckeln,  auf den grünen Pisten,  auf  den Schleppliften,  auf  den  blauen  Pisten, direkt vor den Restaurant-Terrassen, und so weiter. Mein Mann hat zwar in seiner  Verzweiflung  versucht,  kleine  Plastikdreiecke  vorne  zu kleben,  aber das war nicht ganz wirksam.

Eines Morgens standen wir alle drei vor einer Abfahrt, und ich muss zu meiner Entlastung sagen: das war eine Schwarze Piste, mit Buckeln, und vereist. Ich habe dann natürlich keine Sekunde gezögert und bin gleich beim Starten geflogen, klick klack, Skier los und Tschüss Richtung Skistation im Tal bei 1500 m Höheunterschied. Ich habe auch keinen einzigen Buckel weggelassen, einmal hoch, 

 

einmal runter, einmal Himmel sehen, einmal Schnee  gucken, einmal Rückenlage, einmal  Bauchlage,  einmal  Seitenlage  und  so  weiter. Irgendwann kam ich jedoch irgendwie zum Stillstand, wahrscheinlich eine Änderung der Landschaft,  ich habe  sie aber nicht direkt mitgekriegt. Als ich mich von meinen Aufregungen ein bisschen erholt hatte, war mein Mann schon neben mir, ein wenig blass um die Nase, und betete: „O Gott… O Gott…“. Meine Schwester flitzte husch husch zur Station, um ein Helikopter zu holen.

 

Der Helikopter kam in der Form von zwei orangefarbenen und skilaufenden Sanitätern. Sie packten mich überall rundum in eine Art Schlafsack mit sofortiger anatomischer Verhärtung, wenn Du verstehst, was ich meine, ich weiß nicht, wie das heißt. Die Arztpraxis in der Station war natürlich gerammelt voll, so wie es sich eben bei Praxen gehört. Man lagerte mich in einer Kabine, die von den anderen Kabinen mit Gardinen getrennt war. Der Doc kam aber ziemlich schnell, muß ich doch sagen. Es war ein Typ aus dem Norden, aus Paris glaube ich, er hatte eine komische Sprache drauf. Er sagte zu mir:  „Zeigen Sie mir Ihre Quinquins, Sie da.“ Ihm meine Quinquins zeigen??! Was meint er damit, der da?? Ich habe ihn ein bisschen streng angeguckt, er schien zufrieden zu sein und ging fort, um sich um den Akrobat in der Nebenkabine zu kümmern.

 

Der Akrobat in der Nebenkabine hatte sich zum 4. Mal, sagte er, das Handgelenk ausgekugelt. Die Prozedur bestand daraus, es wieder einzukugeln, ohne Narkose, aber mit einer kleinen psychologischen Vorbereitung, wir sind ja keine Barbaren in Frankreich. Der Doc: „So, sind Sie so weit? Wollen wir es machen??“   – Der Akrobat: „Neiinnnn! neeiinn!!! Noooch niicchtt! Nooch eiinn Momennnt, biiitte!!“. Das, eine Stunde lang - fast. Gefolgt von schrecklichen Gebrüll, Geheulen und Röcheln, schlimmer als bei einem amerikanischen Thriller.

 

Als der Folterer zu mir kam, war ich schon mehr tot als lebendig. Es wurde bei mir nicht besser. Ich weiß nicht, ob Du weist, wie die Docs feststellen, ob man sich ein paar Rippen gebrochen hat, mit offenen Frakturen und Knochensplittern in der Lunge? Zumindest in den Skistationen, ich will nicht verallgemeinern. Das ist ganz einfach, aber man musste drauf kommen: Eine Hand flach vorne, eine Hand flach hinten, und Zentimeter pro Zentimeter vorwärts: Man drückt das Ganze und horcht dabei aufmerksam. Wenn der Akrobat brüllt, ruft man ein Helikopter an. Wenn nicht, macht man eine Röntgenkontrollaufnahme. Das war mein Fall, für das Röntgen. Zwei Rippen angebrochen. Da ist nichts zu machen. Zehn bis elf Wochen ohne lachen und ohne niesen. Danke, Doc.

 

Das war aber nicht alles. Am nächsten Tag hatte ich solche Schmerzen im Rücken, dass ich mich weder anziehen noch ausziehen konnte, ein Drama. Ich gehe wieder zum nordischen Doc, diesmal mit meinem Mann, der die Aufgabe hatte, mir bei aus- und anziehen zu helfen, man soll nicht zu viel von den Docs verlangen. Und dann stehe ich da oben ohne, die beiden Männer hinter mir beim Betrachten meiner Rückenanatomie:

 

-    Mein Mann:    Sehen Sie, da oben rechts, das ist ein bisschen geschwollen…

-    Der Doc:        hmm… ja… hmm... Kennen Sie die gut? War sie immer symmetrisch?

-    Mein Mann:   Glauben Sie, ich hätte sie geheiratet, wenn sie nicht symmetrisch gewesen wäre?

-    Beide:            haaahaa!!… haahaahaa!!  haaha!!...

 

Tja, die Docs: Ist das der Eid, den sie mit der Hypophyse geschworen  haben?? Ist das der Eid?! Wenn man 10 bis 11 Wochen ohne lachen verordnet, geht man mit guten Beispielen voran, oder?

 

 

 

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