Blog – Jocelyne Lopez

DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft: Hauptsitz des Wissenschaftslobbyismus? Fallbeispiel der Primatenversuche an der Universität Bochum

Am 18.10.2011 veröffentlichten der  Germanist und Editionsphilologe Roland Reuß (Universität Heidelberg) sowie der Jurist Volker Rieble (Ludwig-Maximilians-Universität München) eine sehr scharfe Kritik an den Strukturen der wichtigsten deutschen Förderorganisation für Forschung in einem Artikel in der FAZ:

Kritik an der DFG
Die freie Wissenschaft ist bedroht

Fördert die mächtige Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Ideenklau und die Selbstbedienung? Transparenz ist für sie ein Fremdwort. Dieses Monopol ist bedenklich.

Daraus geht hervor, dass diese Organisation Jahr für Jahr die Milliarden von Steuermitteln für die wissenschaftliche Forschung nach zweifelhaften Methoden und unkontrollierbaren Kriterien verteilt, so daß eine Reform dieses Systems im Interesse der wissenschaftlichen Forschung und der Allgemeinheit dringend geboten ist.

Es sieht aus meiner Sicht so aus, als ob gegenwärtig die Deutsche Forschungsgemeinschaft der Hauptsitz des Wissenschaftslobbyismus ist, wo die Finanzierung von Forschungsprojekten  durch anonyme Gutachten und unbestimmbare Einflußnahmen direkt an der unerschöpflichen Quelle der Steuerkasse bequem abgezweigt wird.  „Wer am Brunnen sitzt, hat nie Durst“ sagt ein arabisches Sprichwort…

Die von den beiden Autoren Roland Reuß und Volker Rieble untersuchten und dargelegten Missstände bestätigen sich bei Forschungsvorhaben im Bereich der Humanmedizin, wie folgendes Fallbeispiel es ersichtlich macht:

Seit 2012 wurden Bürger im Rahmen der  andauernden öffentlichen Debatte über die  Nützlichkeit der Affenversuche in der Hirnforschung für die Humanmedizin, mit einem hochbedenklichen Fall von Förderung eines Forschungsprojekts durch die DFG konfrontiert.

Die Behörde LANUV NRW hat über 22 Jahre die Genehmigung von barbarischen Affenversuchen an der Universität Bochum zur „Untersuchung der Augen-Hand-Koordination“ von Makaken mit dem angestrebten Nutzen der Erforschung und Therapie von schweren Krankheiten wie Alzheimer, Epilepsie, Parkinson und Multiple Sklerose gerechtfertigt.

Die Frage der Bürger nach der Summe der Steuermittel, die für dieses Forschungsvorhaben verwendet wurden, hat das Umweltministerium NRW als Aufsichtsbehörde des LANUV NRW im Januar 2014 anlässlich einer Petition beim Landtag NRW nach Petitionsrecht § 17 GG wie folgt beantwortet:

„Die Primatenexperimente, die in Bochum durchgeführt wurden, wurden über den gesamten Zeitraum durch Drittmittelgeber gefördert, vor allem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen eines Sonderforschungsbereiches (SBF 509). Eine Förderung über einen solchen Zeitraum wird nur dann gewährt, wenn durch unabhängige Gutachter bestätigt wird, dass die Forschungsarbeiten, auch retrospektiv, als wissenschaftlich hervorragend bewertet werden können“.

 

Diese Antwort lässt viele Fragen offen:
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  1. Wie viel Steuermittel?
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    Die Summe der verwendeten Steuermittel wurde nicht genannt und bleibt bis heute den Bürgern vorenthalten. Durch einen Vergleich mit den langjährigen, gleichen  Affenversuchen des Andreas Kreiter an der Universität Bremen könnte sie mit 2 Millionen Euro geschätzt werden.  Siehe eine laufende Change.org Petition  zur Aufforderung an den Landtag NRW, diese Auskunft von der Landesregierung zu verlangen, die in kurzer Zeit von mehr als 30.000 Bürgern unterschrieben wurde.
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  2. Hervorragender wissenschaftlicher Wert?
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    Wie konnten „die unabhängigen Gutachter“ der DFG bestätigen, dass die Untersuchung der Augen-Hand-Koordination von Affen über 22 Jahre an der Universität Bochum als wissenschaftlich hervorragend bewertet werden kann? Das Gegenteil ist nämlich schon lange in der internationalen Fachwelt nachge-wiesen worden:
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    a)   Die Untersuchung der Augen-Hand-Koordination von Affen wurde seit mehr als 30 Jahren, und  bis heute noch, in mehreren Forschungsstandorten der Hirnforschung durchgeführt (Frankfurt, Bremen, Tübingen, München, Berlin, Bochum, Magdeburg, Göttingen), ohne dass je brauchbare Ergebnisse für die Erforschung und die Therapie von Alzheimer, Epilepsie, Parkinson oder Multiple Sklerose nachgewiesen werden konnten.
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    b) Es ist in der internationalen Fachwelt durch unzählige wissenschaftliche Studien längst nachgewiesen worden, dass die Untersuchung der Hirnfunktionen von Affen aufgrund der erheblichen Unterschieden zwischen dem Affengehirn und dem menschlichen Gehirn  für die Humanmedizin sinnlos ist, siehe zum Beispiel wissenschaftliche Studien hier oder hier.
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    c) Welcher nachvollziehbare Zusammenhang besteht zwischen der jahrzehntelangen  Messung der Übertragungsgeschwindigkeit von visuellen Eindrücken im Gehirn von Affen und  alterungs- bzw. genetischbedingten neurologischen Erkrankungen bei Menschen? Oder wird etwa die Wiederholung des Libet-Experiments mit Affen seit 30 Jahren   zur Bestätigung der irrsinnigen These des umstrittenen Hirnforschers Wolf Singer über die Nicht-Existenz der Willensfreiheit bei Menschen als angestrebte Therapie von Alzheimer, Epilepsie, Parkinson und Multiple Sklerose den Bürgern verkauft???!!!
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  3. Ein Spickzettel als wissenschaftlicher Wert der  Forschungsergebnisse?
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    Wie  um  alles in der Welt konnten die „unabhängigen Gutachter“ der DFG retrospektiv den wissenschaftlichen Wert des Forschungsvorhabens mit Versuchen an Affen an der Universität Bochum  als „hervorragend“ bewerten?
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    Als einziger brauchbarer Nutzen dieser Experimente hat nämlich die genehmigende Behörde LANUV NRW auf unsägliche Forschungsergebnisse der Universität Bochum hingewiesen: Durch die Messung der Übertragungs-geschwindigkeit von visuellen Eindrücken im Gehirn von Affen konnte nachträglich die Frage geklärt werden, wie ein Spickzettel dem Torwart der Fußballnationalmannschaft Jens Lehmann geholfen haben sollte, zwei Tore bei der Fußball-WM 2006 in Argentinien zu halten!!!!
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    Abgesehen  vom erschreckenden Zynismus und moralischen Zerfall der Forscher und der genehmigenden Behörde angesichts der barbarischen Forschungs-methode bis hin zur Tötung der gequälten Tiere, ist dieses Forschungsergebnis rein wissenschaftlicher Schwachsinn.
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    Die vermeintliche Hilfe für den Torwart Jens Lehmann, durch den Spickzettel zwei Elfmeter in Argentinien gehalten zu haben, hat gar nichts mit der Verbesserung der Übertragungsgeschwindigkeit von visuellen Signalen in seinem Gehirn zu tun, geschweige denn im Gehirn von Versuchstieren in Bochum, sondern einzig mit einer bewussten Entscheidung aufgrund einer statistischen Wahrscheinlichkeits-rechnung vorzeitig auf gut Glück in eine Ecke zu springen.
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    Sogar die brauchbare Hilfe, in die richtige Ecke vorzeitig zu springen aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsrechnung, ist hier  grundsätzlich in Frage zu stellen, da es sich dabei um eine 50:50 Wahrscheinlichkeit handelte: Entweder links oder rechts.  Siehe: Die pseudowissenschaftlichen Ergebnisse der Universität Bochum bei 22 Jahren Hirnforschung mit Affen
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    Es kursiert sogar das Gerücht in der internationalen Fußball-Welt, dass auf dem Spickzettel wahrscheinlich gar kein ultimativer Tipp stand, sondern dass die demonstrative Übergabe des Spickzettels an Jens Lehmann vor dem Elmeter-Schießen durch den Reserve-Torwart Oliver Kahn einzig ein Imponiergehabe war, um die Gegner zu verunsichern.
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    Nur eins ist jedoch hier klar: Die Messung der Übertragungsgeschwindigkeit von visuellen Signalen im Gehirn von Versuchsaffen in Bochum steht in keinem Zusammenhang mit diesem Spickzettel!! Die „wissenschaftlichen“ Forschungs-ergebnisse der Universität Bochum sind reiner Schwachsinn. Eine Farce, eine zynische Farce.

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Vor diesem Hintergrund ist die Verantwortung aller Abgeordneten des Landtags NRW gefordert, als Volksvertreter und Kontrollinstanz der Behörden, die Hintergründe der Förderung dieses Forschungsvorhabens aufzuklären, und zwar nicht nur  durch Ermittlung der Summe der Steuermittel, die dafür verschwendet wurden, sondern auch um den Einfluß vom Wissenschaftslobbyismus bei der Entscheidung der Behörde LANUV NRW, diese Versuche zu genehmigen, zu untersuchen.

Wir appellieren an das Gewissen aller Abgeordneten aller Fraktionen im Landtag NRW auf der Grundlage ihres Mandats nach Art. 38 GG einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu bestellen, um die Umstände dieses skandalösen Forschungsprojekts im Interesse der Wissenschaft und der Allgemeinheit zu klären.

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© Bildarchiv des Landtags Nordrhein-Westfalen – Fotograf Bernd Schälte

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