Blog – Jocelyne Lopez

Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wegen Primatenversuchen an der Ruhr-Universität Bochum

Wir sind eine Gruppe von Tierschützern und stellen die Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum vor dem Hintergrund der Aufnahme des Tierschutzes in der deutschen Verfassung 2002 und der Erklärung des Tierschutzes als Staatsziel tatkräftig in Frage.  Wir haben unsere Auseinandersetzung mit der genehmigenden Behörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen – LANUV NRW) seit April 2012 in diesem Blog zusammengestellt, siehe: Primatenversuche in Bochum: Auseinandersetzung mit Behörden.

Im Zusammenhang mit unserer Fachaufsichtsbeschwerde vom 6.10.2012 hat sich die Aufsichtsbehörde des LANUV NRW, das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW eingeschaltet. Nachstehend geben wir einen Austausch mit dem Ministerium wieder:

 

10.01.13 – Prüfung unserer Fachaufsichtsbeschwerde durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW

Betr. : Tierschutz – Primatenversuche in Bochum an der Ruhruniversität
AZ: VI-5-4203 (Sachbearbeitung Prof. Dr. Jaeger / Peter Knitsch)

Sehr geehrte Frau Urban, 

als zuständiger Leiter der Abteilung Verbraucherschutz habe ich mich mit dem Vorgang und speziell Ihren Anfragen intensiv auseinandergesetzt und möchte lhnen daher auch gerne persönlich antworten: Zunächst möchte ich bedauern, dass durch mehrfaches Nachfragen zu Unannehmlichkeiten und Missverständnissen gekommen sein mag.

Das LANUV hat mir gegenüber bekräftigt, dass es davon ausging, dass Sie sich in der Rechtsmaterie gut auskennen und hat lhnen insofern besonders einschlägige Wissen und Fachkunde zugebilligt. Insofern ist es zu verstehen, dass die lhnen gegenüber getätigten Aussagen teilweise recht knapp ausfielen und auf die Erläuterung der Rechtstexte (Gesetz und Allgemeine Verwaltungsvorschrifte) verzichtet wurde.

Andererseits hat meine Prüfung ergeben, dass die Antworten des LANUV weder fachlich noch rechtlich zu beanstanden sind und das dort verfügbare, amtliche Wissen wiedergeben. Was lhre Frage betrifft, seit wann an der Universität Bochum Versuche mit Affen durchgeführt wurden, hat mir der zuständige Referatsleiter aus meiner Abteilung mitgeteilt, dass dies nach seiner Erinnerung mindestens 20 Jahre lang der Fall gewesen ist. Da die amtliche Aufbewahrungsfrist für Akten nur 5 Jahre beträgt, konnte lhnen das LANUV hierzu keine konkreteren Angaben machen, zumal dieses erst im Jahre 2005 gegründet worden ist.

Sehr geehrte Frau Urban, aus der Vielzahl der ausgetauschten Schriftsätze ist es für mich nur schwer ableitbar, in wie weit bei lhnen noch Fragen offen sind. Deshalb möchte ich vorschlagen, dass Sie sich in o.g. Angelegenheit mit ggf. noch klärungsbedürftigen Fragen direkt an mich wenden, so dass ich dann die weitere Beantwortung koordinieren und den Vorgang abschließen kann. 

Für das neue Jahr 2013 wünsche ich lhnen alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen.
Peter Knitsch

 

16.01.13 – Unsere Antwort an das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW:

Betr.: Tierschutz – Primatenversuche in Bochum an der Ruhr-Universität
Ihr Schreiben vom 10.01.2013
AZ: VI-5-4203 (Sachbearbeitung Prof. Dr. Jaeger / Peter Knitsch)

Sehr geehrter Herr Knitsch,

ich danke für Ihr Schreiben vom 10.01.2013 als Aufsichtsbehörde der zuständigen und verantwortlichen Behörde für die Genehmigung der Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum (LANUV NWR) und nehme im Folgenden Stellung zu Ihrem Vorschlag in Ihrem o.g. Schreiben:

Zitat:

„Sehr geehrte Frau Urban, aus der Vielzahl der ausgetauschten Schriftsätze ist es für mich nur schwer ableitbar, in wie weit bei lhnen noch Fragen offen sind. Deshalb möchte ich vorschlagen, dass Sie sich in o.g. Angelegenheit mit ggf. noch klärungsbedürftigen Fragen direkt an mich wenden, so dass ich dann die weitere Beantwortung koordinieren und den Vorgang abschließen kann.“

Zitatende

Aus der Vielzahl der ausgetauschten Schriftsätze hat sich mein Anfangsverdacht bestätigt, dass die Primatenversuche an der Ruhr-Universität nicht unerlässlich im Sinne des Tierschutzgesetzes waren und dementsprechend vom LANUV NWR schon ab seiner Gründung im Jahre 2005 keine Genehmigung hätte erteilt werden dürfen.

Ich zitiere hier den Grundsatz des Tierschutzgesetzes, das seit 2002 als Staatszielbestimmung Art. 20 a mit Verfassungsrang zum Schutz der Tiere von allen Bürgern, Institutionen und Behörden zu respektieren ist, denn niemand steht über dem Gesetz:

TierSchG – Grundsatz – §1

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

 

Der geforderte vernünftige Grund ist hier nur unter Einhaltung der Einschränkungen von §§ 7 und 8 TierSchG vorhanden:

1) Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen.

2) Nachweis von brauchbaren Ergebnissen für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren.

3) Bevorzugung von tierversuchsfreien Alternativforschungsmethoden.

 

Keine dieser drei Bestimmungen wurde bei den von der LANUV seit seiner Gründung 2005 genehmigten Versuchen eingehalten:

1) Missachtung des Gebotes der Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen:
Diese Versuche wurden gemäß Aussagen Ihres Amtes vom 10.01.2013 seit „mindestens 20 Jahren“ an der Ruhr-Universität kontinuierlich durchgeführt und wiederholt. Außerdem wurden in den letzten 20 Jahren gleiche Versuche auch an anderen Standorten kontinuierlich durchgeführt und wiederholt (Frankfurt, Tübingen, München, Berlin, Magdeburg, Göttingen)

 

2) Es wurde für den angegebenen angestrebten Nutzen keine brauchbaren Ergebnisse dieser Versuche für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren nachgewiesen, weder in Bochum noch in den anderen Forschungsstandorten.

 

3) Es gibt seit Jahrzehnten moderne und einsetzbare tierversuchsfreie Alternativforschungsmethoden für solche Art von Untersuchungen in der Hirnforschung, zum Beispiel TMS-Verfahren.

 

Ich erhebe dementsprechend hiermit gegenüber Ihrem Amt als Aufsichtsbehörde des LANUV NRW den Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz der seit 2005 genehmigten Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum, wobei langandauernde Leiden und erhebliche Schäden an mindestens 6 Makaken zugefügt wurden (bis hin zur Tötung).

Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, welche interne Disziplinarmaßnahmen bzw. welche Rechtsmittel in diesem Fall einzusetzen sind, um die Rechte der Tiere und der Bürger dieses Landes auf Einhaltung der Bestimmungen der Verfassung zu garantieren und zu schützen.

Für eine Antwort bis zum 18. Februar 2013 danke ich im Voraus und verbleibe
mit ehrenamtlichen Grüßen

Gisela Urban
1. Vorsitzende Tierfreunde ohne Grenzen e.V.

Mitzeichner:
Jocelyne Lopez
Gabriele Menzel
Dagmar Seliger
Claudia Sunitsch
Roswitha Taenzler
Aktionsgemeinschaft gegen Tierversuche FFM 



Comments

  1. Februar 26th, 2013 | 07:46

    […] Im Zusammenhang mit unserer Fachaufsichtsbeschwerde vom 6.10.2012 hat sich die Aufsichtsbehörde des LANUV NRW, das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW eingeschaltet, siehe unseren Austausch vom 10.01.13 / 16.01.13 :Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wegen Primatenversuchen an der Ruhr-Universität B… […]

  2. Februar 26th, 2013 | 08:30

    […] Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wegen Primatenversuchen an der Ruhr-Universität B… […]

  3. Februar 28th, 2013 | 08:17

    […] Natur- und Verbraucherschutz NRW eingeschaltet, siehe unseren Austausch vom 10.01.13 / 16.01.13 :Vorwurf des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wegen Primatenversuchen an der Ruhr-Universität B… Das Ministerium hat mit Schreiben vom 19.02.2013 ausführlich auf unseren Vorwurf Stellung […]