Blog – Jocelyne Lopez

G.O. Mueller zum Hafele/Keating Experiment

Vor dem Hintergrund der Anfrage von Ekkehard Friebe an Prof. Dr. Gerd Litfin, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, wiedergebe ich nachstehend eine kurze Bewertung der Forschungsgruppe G.O. Mueller über das Hafele/Keating Experiment, aus ihrem Buch Über die absolute Größe der Speziellen Relativitätstheorie:

Kapitel 2 – Fehlerkatalog – D: Zeit – Fehler Nr. 7 – Seite 96-97

Der Atomuhren-Transport von Hafele / Keating 1972 soll eine Zeitverzögerung bewiesen haben

Der Transport von 2 Paaren von Atomuhren um die Erdkugel in Düsenflugzeugen, in Ost-West- und in West-Ost-Richtung, insgesamt fünf Tage lang, hat nach dem Bericht von Hafele und Keating 1972 folgende Ergebnisse gebracht (kritische Zusammenfassung nach Louis Essen 1978): die Autoren haben nicht alle Daten mitgeteilt, haben statt Einzeldaten nur Durchschnittswerte für eine Durchschnittsuhr angegeben und nur eine nichtdefinierte Auswahl der Daten verwendet; es wurden jeweils Paare von Uhren transportiert, um Gangunterschiede zu erkennen: diese betrugen bis zu ca. 300 Nanosekunden zwischen den einzelnen Uhren eines Paares (also auf demselben Flug!); die von Hafele / Keating mitgeteilten Rohdaten für eine Durchschnittsuhr betrugen einen Zeitverlust von 132 Nanosekunden auf der West-Ost-Reise und einen Zeitgewinn von 134 Nanosekunden auf der Ost-West-Reise. Nach Korrekturberechnungen von Hafele / Keating soll die Durchschnittsuhr 59 Nanosekunden auf dem Flug nach Osten verloren und 273 Nanosekunden auf dem Flug nach Westen gewonnen haben und sich damit in enger Übereinstimmung mit den vorhergesagten Werten befinden.

L. Essen beurteilt das Ergebnis als nicht aussagekräftig, weil die mitgeteilten Messwerte nur Durchschnittswerte sind und obendrein geringer sind als die Gangunterschiede der Uhrenpaare.

Nach Galeczki / Marquardt 1997, S. 114-115, haben Hafele / Keating ihre Uhren während der Reise persönlich justiert und synchronisiert: ihre Daten sind deshalb völlig wertlos und fallen unter die Kategorie des wishful thinking (nach Wesley 1983, S. 171-172).

J. P. Wesley diskutiert den Zweck des Experiments: Hafele / Keating nahmen an, daß die Geschwindigkeit der Reise eine Wirkung auf die Uhren hat im Sinne der behaupteten Zeitdilatation der SRT; die Autoren haben jedoch keine theoretische Rechtfertigung geliefert für die Annahme, daß die relative Geschwindigkeit der Uhren in Bezug auf die Erdoberfläche ihren Gang einmal verlangsamt und einmal beschleunigt.

Unklar ist im übrigen die Geltung jeglicher Ergebnisse eines Atomuhren-Transports um die Erde: die mehrtägige Reise ist keine geradlinig-gleichförmige, sondern durch die Flugbahnkrümmung ständig beschleunigte Bewegung, fällt also nicht in das definierte Gebiet der SRT (wofür das Ergebnis jedoch angeblich entscheidend sein soll!); die mehrtägige Reise durch das ungleichmäßige Gravitationsfeld der Erde und durch das ungleichmäßige Magnetfeld der Erde könnte allenfalls in die Zuständigkeit der ART fallen, von der eine Interpretation in der kritischen Literatur nicht erwähnt wird.

Der von Hafele / Keating behauptete Unterschied in beiden Reiserichtungen kann in der SRT auch deshalb keine Erklärung finden, weil nach dem Relativitätsprinzip die Richtungen der relativen Bewegungen keine Rolle spielen.

Wenn zwei überzeugte Relativisten ein Experiment allein und unkontrolliert durchführen können, so muß die offizielle Schul-Physik um das Ergebnis des Experiments eigentlich nicht bangen. Die Nicht-Bekanntgabe sämtlicher relevanten Einzeldaten, die Zusammenfassung zu Durchschnittswerten von „Durchschnittsuhren“ (wo, bitte schön, gibt es eine Durchschnittsuhr?) und vor allem das eigenhändige Weg-Justieren der Gangunterschiede der Uhrenpaare sollten dafür sorgen, daß der Relativistik nichts Böses zustößt. Aber alle Vorsichtsmaßnahmen haben nichts genutzt: Hafele / Keating haben immer noch zuviel erzählt.

Wenn man weiß, wer Louis Essen war, dann liest man seinen Bericht geradezu mit Vergnügen: er ist der „Vater“ (oder einer der Väter) der Atomuhr und durchschaut, was die Experimentatoren mit „seinen“ Uhren angestellt haben.

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J. C. Hafele, R. E. Keating: Around-the-world atomic clocks : observed relativistic time gains. In: Science. 177. 1972, S. 166-168; 168-70. – Essen, Louis: Relativity and time signals : „The theory is so rigidly held that young scientists dare not openly express their doubts“. In: Wireless world. 84. 1978, October, S. 44-45. – Wesley, James Paul: Causal quantum theory. Blumberg, BR: Benjamin Wesley, 1983. 405 S. – G. Galeczki, P. Marquardt: Requiem für die Spezielle Relativität / Georg Galeczki, Peter Marquardt. Frankfurt a. M.: Haag u. Herchen, 1997. 271 S.

(G.O. Mueller)

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Folgende Autoren, die Einwände, Bedenken und kritische Argumente bzgl. dem Hafele/Keating-Experiment vorgebracht haben wurden von der Forschungsgruppe G.O. Mueller (bzw. von Ekkehard Friebe in seiner Anfrage) dokumentiert:

Kelly, A.G.
Theimer, Dr. Walter 1985
Rudakov, N. 1981
Wesley, J.P. 1983
Essen, Louis 1978
Georg Galeczki / Peter Marquardt, 1997
Agathangelidis, Antonis 2001
Aspden, Harold 1980
Hayden, Howard C. 1991
McCarthy, Dennis J. 1997 u. 2001
McCausland, Ian 1980
Oliveira, E. C. de, 1989
Rodrigues, Waldyr Alves, jr. 1988
Selleri, Franco 1998
Weitzel, Donald F. 1998