Blog – Jocelyne Lopez

In Deutschland ist etwas schief gelaufen

Ich wiedergebe Austausche aus der Diskussion Dokumentarfilm-Projekt aus den USA: „Einstein wrong“ im Forum zeitwort.at:

 
15.05.09 – Zitat von Die Kratzbürste:  

die „unverständliche“ Vergangenheitsbewältigung der Deutschen und Österreicher (so ich eine bin und dieser Umstand auch unser Land betrifft) lässt sich vielleicht darauf begründen, dass die „Schuldauferlegung und -aufrechterhaltung“ in dieser Thematik ebenso „unverständlich“ praktiziert wurde und wird.

 

15.05.09 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Jedes Volk hat eine Vergangenheit zu würdigen und eine Vergangenheit zu bewältigen.

Ich bin in Frankreich aufgewachsen und ausgebildet worden. Wenn ich aber ein Stichwort für den Schwerpunkt der öffentlichen Ausbildung für die Beziehung zu den Deutschen geben sollte, dann würde mir das Wort „réconciliation“ einfallen, Versöhnung. Und ich bin den damaligen Verantwortlichen für die Ausbildung der französischen Nachkriegsgenerationen dankbar, dass sie diesen Schwerpunkt gewählt haben. Das war verantwortungsvoll, das war weise.

Jedes Volk hat eine Vergangenheit zu bewältigen, nicht nur die Deutschen. Die Franzosen hier zum Beispiel mit der Kollaboration auch. Wie eine gelungene Vergangenheitsbewältigung individuell und kollektiv aussieht, das hat mir ein wunderbarer Mensch gezeigt, den ich in meinem Blog mit einer Buchrezension (nicht von mir) vorgestellt habe: Boris Cyrulnik verkörpert ein Beispiel der Menschlichkeit, der Zuversicht und der Freiheit

 

17.05.09 – Zitat Jocelyne Lopez:

Ich empfinde die gemeinsame Vergangenheitsbewältigung der Deutschen und Franzosen zueinander als gelungen. Sowohl offiziell als auch bei der Basis in den jeweiligen Bevölkerungen ist die deutsch-französische Freundschaft ein erlebtes Phänomen. Und zwar trotz einer Vergangenheit geprägt von Krieg und Haß und Verachtung und Gräuel. Ich könnte mir jetzt nicht vorstellen, dass Deutschen und Franzosen sich wieder bekriegen könnten. Das gibt mir Hoffnung und Zuversicht für die Völker, die sich heute noch Mitte im Krieg, Haß, Verachtung und Gräuel befinden. Sie werden es auch schaffen, in Frieden, im gegenseitigen Respekt und in Freundschaft zu leben. Wir haben es ja auch geschafft. Das habe ich auch indirekt ausdrücken wollen in der Seite meiner Homepage La Marseillaise. Und insofern war der Schwerpunkt des Versöhnungs-bestrebens nach dem Krieg, das von dem jeweiligen damaligen Staatsoberhaupt von Deutschland und Frankreich (Adenauer und de Gaulle) eingeschlagen wurde, der richtige Weg. Ich genieße es und fühle mich sowohl in Deutschland als auch in Frankreich zu Hause.

Die interne Vergangenheitsbewältigung der Deutschen in ihrer eigenen Gesellschaft angesichts des Verbrechens an Juden ist dagegen meiner Meinung nach und gemäß meiner Erfahrung der letzten Jahre völlig schief gelaufen und ist völlig misslungen. Katastrophal. Da ist was falsch gemacht worden und ist gründlich schief gelaufen.

So etwas Vergleichbares erlebe ich in Frankreich nicht, obwohl wie gesagt die Franzosen mit der Kollaboration auch eine Vergangenheit zu bewältigen haben. Wie aus dem Bericht über das Schicksal von Boris Cyrulnik ersichtlich ist, sind auch unzählige jüdischen Franzosen deportiert worden und in Konzentrationslagern umgekommen. Ich habe es sogar direkt von einer Zeitzeugin aus einer befreundeten jüdischen Familie erzählt bekommen: Sie hatte damals als junges Mädchen so eine Razzia in Marseille erlebt. Glücklicherweise ist die Familie nicht deportiert worden, sie wurde von einem anwesenden französischen Polizist gerettet, der sich für die Familie verbürgt hat. Leider ist es nicht immer so gelaufen. Ihr Sohn und ihr Enkelsohn sind in meiner Webseite abgebildet.

Ich finde die jetzigen Verhältnisse in Deutschland absolut erschreckend, in den ich per Zufall und völlig ahnungslos durch meine Hinterfragung der Relativitätstheorie vor ein paar Jahren hineingezogen wurde. Es sind Abgründe. Mit diesen Verhältnissen werde ich mich nicht abfinden und ich werde sie weiter aufzeichnen und bekämpfen, mit allen legalen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Das kann man nicht ignorieren und dulden wollen. Das ist Unrecht.

 (Jocelyne Lopez)



Comments

  1. September 14th, 2010 | 21:12

    […] Dass wir in der BRD in einer gesellschaftlichen Verzahnung verschiedener Gruppierungen liegen ist nicht neu und überhaupt nicht originell, damit können Sie mich überhaupt nicht beeindrucken, nur langweilen, woanders ist es nämlich nicht anders, zu keiner Zeit. Damit muss man umgehen können, die Menschen leben seit Jahrtausenden nicht mehr in abgelegenen Gegenden in Familienhorden, sondern in buntgemischten Gesellschaften, wir haben Zeit gehabt, um uns anzupassen. Ich bin auch selbst in Frankreich in einer gesellschaflichen Verzahnung verschiedener Gruppierungen aufgewachsen, wie fast alle Menschen auf der Welt, und zum Glück auch in Frieden aufgewachsen. Nie wurde ich gesellschaftlich so behandelt, wie im deutschen Internet, nie! Die deutsche Internet-Szene der “verschiedenen Gruppierungen“, die sich in Foren bei jedem Anlaß bekämpfen soll mich gefällig mit ihrer krankhaften Verghangenheits-bewältigung und ihrem sonstigem Holocaust-Tralala außen vor lassen, ich habe daran keine Aktien. Verstanden? Siehe auch: In Deutschland ist etwas schief gelaufen. […]