19. Mai 2015
Affenversuche in der Grundlagenforschung: Frau Bundesministerin Johanna Wanka, Sie handeln verfassungswidrig!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka,
Sie schreiben am 05.05.2015 in einer Pressemitteilung im Internet-Portal Ihres Ministeriums anlässlich der Einstellung der Primatenversuche am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen:
„Der Stand der Wissenschaft erlaubt heute keinen vollständigen Verzicht auf Tierversuche. Deshalb muss es in Deutschland grundsätzlich möglich sein, zu Forschungszwecken Erkenntnisse aus Tierversuchen zu gewinnen. Wenn es um die Heilung von Krankheiten geht, gerade um die Entwicklung von Therapien gegen Demenz, Parkinson oder Alzheimer, sind und bleiben vor der Anwendung am Menschen Tierversuche unerlässlich. Diese werden in Deutschland nach strengen Kriterien genehmigt.“ […]
Ihre Stellungnahme zu den Vorgängen in Tübingen offenbart eine erschreckende Ignoranz der Thematik, die Sie hier einseitig und polarisierend ansprechen, sowohl über den Stand der Wissenschaft als auch über den Stand der Gesetzgebung unseres Landes. Dies ist in Ihrer Position unvertretbar und unverantwortlich.
Bevor Sie eine solche unqualifizierte Stellungnahme den Bürgern zumuten, hätten Sie sich lieber über den Stand der Wissenschaft seriös und unvoreingenommen informieren und sich nicht von Tierversuchslobbyisten einflüstern lassen sollen, was Sie den Bürgern zu sagen haben. Sie hätten nämlich dann erfahren können:
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- Die Versuche an Primaten, die seit mehr als 40 Jahren nach der gleichen Methode in der Hirnforschung durchgeführt werden, haben für die Humanmedizin auf der ganzen Linie versagt! Keine einzige brauchbare neue Erkenntnis für die Therapie von Alzheimer, Parkinson, Epilepsie, Multiple Sklerose oder Schizophrenie kann von den Tierexperimentatoren nachgewiesen werden. Keine einzige, in keinem Forschungsstandort. Das wäre Ihre Pflicht gewesen, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, es zur Kenntnis zu nehmen.
. - Die wissenschaftlichen Gründe, warum diese Forschung über 40 Jahre erfolglos geblieben ist, wurden über eine genauso lange Zeit in der nationalen und internationalen Fachgemeinde in unzähligen wissenschaftlichen Studien untersucht: Aufgrund von Merkmalsunterschieden, sowohl anatomisch, als auch physiologisch und genetisch, unterscheiden sich grundlegend alle wesentlichen Beobachtungen und Messdaten zwischen Spezies. Alle Tiere sind Beispiele komplexer Systeme und wenn sogar die menschliche Population unterschiedliche Reaktionen zwischen den Individuen zeigt, ist es nicht verwunderlich, dass „Tiermodelle“ in ihrer Vorhersage für den Menschen weitgehend fehlschlagen. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, die langjährige und qualifizierte Kritik der Tierversuche in der Wissenschafts-gemeinde zur Kenntnis zu nehmen.
. - Die Erfolglosigkeit dieser Forschung mit Primaten, sowie die dadurch nach Tierschutzgesetz entstandene ethische Unverträglichkeit der Versuche, haben bereits die genehmigenden Fachbehörden in mehreren Forschungsstandorten veranlasst, solche Versuche nicht mehr zu genehmigen: In Berlin, München, Bremen und Bochum. Das wäre Ihre Pflicht gewesen, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, es zur Kenntnis zu nehmen.
. - In vielen Forschungseinrichtungen, sowohl national als auch international, werden die Hirnfunktionen des Menschen mit nicht invasiven und erfolgsversprechenden, modernen Forschungsmethoden an Menschen erforscht, und dadurch wertvolle Ansätze für die Therapie von menschlichen Erkrankungen gewonnen. Diese tierversuchsfreien Forschungsmethoden sind nach Tierschutzgesetz zu bevorzugen, vor allem vor dem Hintergrund der totalen Erfolglosigkeit der Hirnforschung mit Tieren nach mehreren Jahrzehnten. Das wäre Ihre Pflicht gewesen, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, es zur Kenntnis zu nehmen.
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Ihre erschreckende Ignoranz des Stands der Wissenschaft bei der Thematik Tierversuche paart sich mit Ihrer Verantwortungslosigkeit und Fahrlässigkeit hinsichtlich der Gesetzgebung unseres Landes.
– Es ist Ihre Pflicht gemäß Art. 20 GG alle geltenden Gesetze zu respektieren und respektieren zu lassen, einschließlich Tierschutzgesetz, das 2002 im Art. 20 a GG Verfassungsrang erhalten hat. Diese Tiere sind in Ihrer Obhut, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, Sie haben sie zu schützen, sowie die Menschenwürde und das Vertrauen der Bürger nicht zu verraten: Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass nach neuesten Umfragen 80% der Bürger Deutschlands und Europas gegen Tierversuche sind..
– Es ist Ihre Pflicht, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, als Aufsichtsinstanz der Bildung und Forschung nach Art. 7 GG, den Stand der Wissenschaft genau zu kennen und eine Kontrollfunktion auf den Wissenschaftsbetrieb auszuüben, der frei von Lobbyismus sein muss.
– Es ist Ihre Pflicht, sehr geehrte Frau Bundesministerin Wanka, das Neutralitätsgebot des Art. 5 (3) GG zu respektieren, was impliziert, dass Sie die Kritik von Forschungsmethoden in der Wissenschaftsgemeinde wahrnehmen und daraus die erforderlichen Konsequenzen ziehen müssen:
Wir fordern die sofortige Einstellung der nachweislich erfolglosen Primatenversuche in der Hirnforschung
und die Zuteilung der damit freigewordenen öffentlichen Mittel an Forschungseinrichtungen, die eine tierversuchsfreie, sinnvolle und erfolgsversprechende Forschung betreiben!!!
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Forschung Ja, Tierversuche Nein!!
Aufhören, jetzt!!
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