Blog – Jocelyne Lopez

Die pseudowissenschaftlichen Ergebnisse der Uni Bochum bei 22 Jahren Hirnforschung mit Affen: Zwei gehaltene Fußballtore!

Ich verweise auf meinem Blog-Eintrag vom 22.02.2015 über die angebliche herausragende Bedeutung der Hirnforschung mit Affen für die Humanmedizin, die bekanntlich von den Hirnforschern seit Jahrzehnten penetrant in den Medien verbreitet wird, da sie doch die Erforschung und die Therapie von schweren menschlichen Krankheiten wie Alzheimer, Epilepsie, Parkinson oder Multiple Sklerose anstreben würde: Hirnforschung: Das Libet-Experiment wird seit 30 Jahren mit Affen wiederholt.

Auch die Behörde LANUV NRW hat im Rahmen einer Bürgeranfrage 2012 diesen angestrebten Nutzen zur Rechtfertigung ihrer Genehmigung der „Untersuchung der Augen-Hand-Koordination von Makaken“  über 22 Jahre an der Universität Bochum angeführt.  Als einziges Ergebnis dieses Forschungsvorhabens hat jedoch die Behörde auf vermeintliche brauchbare Erkenntnisse der Universität Bochum über … das Halten von zwei Fußballtoren durch den Torwart der Fußballnationalmannschaft Jens Lehmann bei der Fußball-WM 2006 in Argentinien verlinkt: Das Hirn des Torwarts beim Elfmeter – Spickzettel half Jens Lehmann tatsächlich wie man seine Reaktion verbessern kann.

Es lohnt sich hier auch, die Wissenschaftlichkeit dieser Forschungsergebnisse näher zu untersuchen und über folgende Aussagen nachzudenken:

Welche Rolle hat dabei der Spickzettel gespielt, auf den Lehmann zwischen den Torschüssen immer mal wieder blickte? Hat es geholfen, zu lesen, dass Cruz häufig nach rechts schießt und Ayala nach links unten?
[….]

Fazit: Die Vorbereitung durchs Spicken hat Jens Lehmann also tatsächlich helfen können.“

Über die Aussage, dass der Fußballer Cruz beim Elfmeter „häufig nach rechts schießt“ ist anzumerken: „Häufig“ bedeutet nicht „immer“, was impliziert, dass Cruz auch nach links schießt.

Man müsste also so präzis wie möglich vorher herausfinden, was statistisch „häufig“ bei Cruz ist und man kann es nur bei einer großen Anzahl seiner Elfmeterschüsse herausfinden:   Wahrscheinlichkeitsrechnungen sagen nämlich nur rein statistisch ein Ergebnis voraus, und zwar nur für eine große Anzahl von Ereignissen – je größer die Anzahl der Ereignisse, desto statistisch richtiger sind die Voraussagen. Wenn man zum Beispiel herausgefunden hat, dass Cruz bei 100 Elfmetern 70 Mal nach rechts schießt, ist es vorteilhaft, 100 Mal vorzeitig nach rechts zu springen: Dann hat man die meisten Schüsse gehalten, nämlich 70 – lediglich für 30 Schüsse war es eine Fehlentscheidung.

Der Torwart, der jedoch nur ein Mal  bei einer WM einen Elfmeter-Schuss zu halten hat (und nicht 100 Mal), steht hier vor der Wahrscheinlichkeit 50:50: Entweder schießt Cruz nach rechts oder er schießt nach links.  Tolle Voraussage…  Das heißt, dass Lehmann bei einem einmaligen Schuss von Cruz gar keinen brauchbaren Hinweis aus dem Spickzettel entnehmen kann: Springt er vorzeitig nach rechts, weil Cruz „häufig“ nach rechts schießt, könnte es eine Mal sein, wo Cruz nach links schießt. Pech.

Eine Wahrscheinlichkeitsrechnung gibt nämlich keinen Hinweis über die Reihenfolge der richtigen Voraussagen. Es gibt bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung 50:50 Glückssträhnen, wie zum Beispiel beim Roulette-Spiel: Rot oder Schwarz haben statistisch gesehen jeweils 50:50 Chance rauszukommen, ich habe aber schon mal gehört, dass Strähnen vorgekommen sind,  wo eine Farbe bis zu 20 Mal hintereinander rausgekommen ist. Nur für eine große Anzahl von Spielen ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung 50:50 eine richtige Voraussage, jedoch auf keinen Fall für nur ein Spiel – sonst wären die Spielcasinos schon lange Pleite.

Jens Lehmann ist also bei einem einmaligen Schuß von Cruz  mit dem Hinweis des Spickzettels, dass Cruz „häufig“ nach rechts schießt, genau so klug, als ob er gar keinen Spickzettel hätte…

Vorzeitig in die richtige Ecke zu springen ist meiner Meinung nach einzig auf das Talent des Torwarts zurückzuführen, die Motorik und den Winkel des Fußes des Elfmeter-Spielers beim Anlauf genau zu beobachten und somit die Richtung vorauszusehen. Obwohl die Elfmeter-Spieler wohl auch dabei das Talent haben, den Torwart geschickt auszutricksen, denke ich mir.

Die Informationen aus dem Spickzettel haben also mit der Messung der Übertragungszeit von neuronalen Signalen zwischen Gehirn und Hand absolut nichts zu tun, weder im Gehirn von Menschen, noch im Gehirn von Affen. Diese Informationen sind einzig Informationen, die aus einer statistischen Wahrscheinlichkeitsrechnung stammen und gar nicht mit der Messung der Übertragungszeit von neuronalen Signalen im Gehirn im Zusammenhang stehen.

Jens Lehmann hatte nun mal vor dem Schuß von Cruz schon die Information in seinem Gehirn gespeichert, dass statistisch gesehen „Cruz häufig nach rechts schießt“. Die Übertragungszeit dieser Information ist völlig außen vor, sie wurde schon auf sein Gehirn übertragen als er vor dem Schuß auf den Spickzettel geguckt hat. Wie schnell oder wie langsam er die visuelle Information Spickzettel/Gehirn aufgenommen hat, ist hier völlig irrelevant – die Übertragungsgeschwindigkeit dieser Information war auf jeden Fall langsam, wenn man bedenkt, dass der Spickzettel in seiner Tasche war, wie man es in diesem anderen Artikel der Uni Bochum nachlesen kann.

Die einzige Übertragungsgeschwindigkeit, die beim Halten des Schußes eine Rolle spielt, ist die Übertragungsgeschwindigkeit der visuellen Wahrnehmung des Schußes durch Lehmann, das ist die Übertragungsgeschwindigkeit Elfmeterschuss/Gehirn, und nicht die Übertragungsgeschwindigkeit Spickzettel/Gehirn.

Die Übertragungsgeschwindigkeit  Elfmeterschuss/Gehirn bei der Reaktion von Lehmann  beruht jedoch hier einzig auf der Richtigkeit der statistischen Vorhersage bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung, dass „Cruz häufig nach rechts schießt“. Wie gesagt ist diese Vorhersage der Wahrscheinlichkeitsrechnung bei einem einmaligen Schuß nicht brauchbar, weil sie dabei lautet: „Entweder rechts oder links“.

Diese Geschichte mit dem Spickzettel hat also mit der Untersuchung der Hirnfunktionen von Affen oder von Menschen überhaupt nichts zu tun! Die Geschichte gehört einzig zum Wissenschaftsfach Statistik, das sich einzig der Mathematik bedient und rein gar nichts mit der Biologie zu tun hat.

Die jahrelange Untersuchung der Hirnfunktionen von Makaken im Zusammenhang mit dem Halten von zwei Elfmetern bei der Fußball-WM 2006 in Argentinien ist aus meiner Sicht ein eklatantes Beispiel von Pseudowissenschaft, von wissenschaftlicher Unredlichkeit und von gezielter Irreführung der Öffentlichkeit.

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In Liebe und zärtlichem Gedenken der vergessenen Tiere,
in Stehsärgen ohne Nächte und Tage,
in den Forschungslaboratorien von Medizin und Wissenschaft, denn sie sind die Opfer eines endlosen, irren Verbrechens.

(anonym) .

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Mahnwache in Düsseldorf vor dem Justizministerium von Thomas Kutschaty für Transparenz und Demokratie .

Freitag, 27. März 2015 – 15.00 – 20.00 Uhr

Justizministerium NRW Martin-Luther-Platz 40 40212 Düsseldorf

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