Am 27. Juli 2014 sind die Eheleute Ilse und Gerhard Oesterreich verstorben. Sie haben eine Traueranzeige beim Bestattungsinstitut hinterlegt:
Wir trauern um sie beiden. Wir trauern um unseren Ausbilder Gerhard Oesterreich, der uns 2012 anläßlich des ersten Seminars für Tierversuchsgegner im Rahmen seines langjährigen und preisgeehrten Seminaren-Angebots zum Einklagen von Tierrechten ein Teil seines immensen Wissens im öffentlichen Recht vermittelt hat.
Er hat uns mehr als Fachwissen und Gesetzesparagrafen zum Tierschutz beigebracht, sondern etwas sehr Wertvolles, etwas Einmaliges, etwas für das ganze Leben.
Er hat uns seine Vision des Schutzes der Tiere im Rahmen des öffentlichen Rechts vermittelt und uns darüber aufgeklärt, dass die Bürger in einem Rechtsstaat über weitgehend unbekannte, jedoch sehr mächtige Rechtsmittel verfügen, um die geltenden Gesetze umsetzen zu lassen.
Er hat uns erstaunliche und ungeahnte Sachen beigebracht, dass die Gesetze in extrem vielen Fällen von öffentlichen Stellen unbemerkt missachtet oder missbraucht werden, dass jedoch die Verfassung sehr bürgerfreundlich ist und die Grundrechte streng schützt, dass wir unsere Macht als Souverän in einem Rechtsstaat einsetzen und die Rechtsinstrumente in Anspruch nehmen sollten, die uns zur Verfügung stehen, auch wenn noch keiner vor uns es getan hat. Er hat uns zum Pionier-Einsatz ausgebildet, für die Gerechtigkeit, für die Rechte der Tiere, für die Menschlichkeit.
Er hat uns nicht nur die juristische Systematik des Einklagens von Tierrechten beigebracht, sondern auch den sicheren und selbstbewussten Umgang mit den Behörden und den Politikern, nicht etwa als Bittsteller, sondern als Souveräne, die ihre Dienstleister bemühen. Er hat uns gewarnt, dass wir viel mehr als nur einen Brief, eine Beschwerde, einen Widerspruch, eine Strafanzeige schreiben werden müssen, um Gehör zu finden, dass die öffentlichen Stellen hartnäckig mauern werden, über Jahre hinweg. Er hat uns beigebracht, uns nicht ignorieren, abservieren oder einschüchtern und uns von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, sondern immer wieder aufzustehen und mit dem Bewusstsein weiter zu kämpfen, dass wir das Recht und die Verfassung hinter uns haben. Wir sollten alle unsere Rechtsmöglichkeiten einsetzen, hintereinander oder parallel, konsequent, beharrlich, systematisch und lückenlos durch alle betroffenen Instanzen der Exekutive und der Legislative, als Souveräne in einem Rechtsstaat. Wir sollten immer daran denken, dass wir einen Koloss zu bewegen haben, aber dass auch Kolosse sich bewegen lassen. Er hat uns zum Durchhaltevermögen, zur Beharrlichkeit und zur Zivilcourage ausgebildet.
Er hat sich ganz besonders gefreut, dass wir gleich nach dem Seminar das neu erworbene Wissen konkret mit der Einleitung von mehreren Auseinandersetzungen mit Behörden gleich umgesetzt haben: Gegen die Primatenversuche in Frankfurt, Tübingen, Bochum und Magdeburg, sowie gegen die Tierversuche der REACH-Verordnung und das Affenlabor Covance in Münster. Er hat uns im Hintergrund begleitet und beraten, unsere Entwürfe durchgesehen und abgestimmt, einige Formulierungen korrigiert, unsere Emotionalität gezügelt, immer auf unseren eigenen Schutz bedacht, sowie uns schon den angedachten nächsten Schritt beschrieben und in Aussicht gestellt. Er hat uns begleitet bei einer Gesprächsrunde in einem Ministerium und bei einer Gerichtsverhandlung in Düsseldorf, sowie bei der Übergabe einer Petition gegen die REACH-Tierversuche bei der EU-Behörde in Brüssel. Er war immer für uns da, er war stolz auf uns.
In Zuneigung, Respekt und Dankbarkeit für unseren Freund, Vorbild und Ausbilder Gerhard Oesterreich
Gisela Urban, Gabriele Menzel und Jocelyne Lopez
Arbeitskreis Tierschutz Gütersloh – Menschen für Tierrechte
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