16. August 2013
Beschwerde über LANUV NRW beim Landesparlament wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz (Primatenversuche an der Uni Bochum)
Wir sind eine Gruppe von Tierschützern und stellen die Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum vor dem Hintergrund der Aufnahme des Tierschutzes in der deutschen Verfassung 2002 und der Erklärung des Tierschutzes als Staatsziel tatkräftig in Frage. Wir haben unsere Auseinandersetzung mit der genehmigenden Behörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen – LANUV NRW) seit April 2012 in diesem Blog zusammengestellt, siehe: Primatenversuche in Bochum: Auseinandersetzung mit Behörden.
Am 18.02.2013 haben wir eine erneute Strafanzeige gegen die genehmigende Behörde LANUV NRW bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz §§ 7 und 8 erstattet, sowohl für die Genehmigung der Tötung der Versuchstiere als auch für die Genehmigung der Versuche selbst, siehe: Neue Strafanzeige gegen das LANUV NRW wegen Tötung von Versuchsaffen an der Ruhr-Universität Bochum.
Nachdem die Staatsanwaltschaft und die Oberstaatsanwaltschaft Bochum, sowie die Generalstaatsanwaltschaft Hamm und das Justizministerium NRW unsere Strafanzeige zurückgewiesen und das Verfahren eingestellt haben, informieren wir nachfolgend über die weitere Entwicklung:
16.08.2013 – Einreichung einer Petition beim Petitionsausschuß des Landtags Nordrhein-Westfalen über das elektronische Petitionsverfahren:
Eingereicht am 16.08.2013 von Frau Gisela Urban, 1. Vorsitzende des Vereins Tierfreunde ohne Grenzen e.V., Bochum:
Eingabefeld Beschreibung Ihrer Petition:
Das Landesparlament NRW möge im Interesse der Allgemeinheit beschließen…
… dass die öffentliche Klage gegen die Landesbehörde LANUV NRW in Recklinghausen von der zuständigen Staatsanwaltschaft erhoben wird, aufgrund von begründeten und belegten Vorwürfen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz §§ 7 und 8 bei der Genehmigung der Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum. Das zuständige Gericht soll die Stichhaltigkeit der Vorwürfe prüfen und Recht sprechen, um die Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen.
Eingabefeld Wortlaut ihrer Petition:
Aufgrund der Intransparenz der langjährig durchgeführten Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum, habe ich mit Mitstreitern durch Bürgeranfragen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes die zuständige und verantwortliche Behörde LANUV NRW um verbindliche Informationen zur Prüfung der Rechtskonformität dieser umstrittenen Tierversuche in der Hirnforschung im Sinne des Tierschutzgesetzes gebeten. Die komplette Korrespondenz seit dem 10.04.2012 mit der betroffenen Behörde, mit ihrer Aufsichtsbehörde und mit involvierten Staatsanwaltschaften, ist im Internet veröffentlicht unter:
Primatenversuche in Bochum: Auseinandersetzung mit Behörden
Wie aus dieser Korrespondenz hervorgeht hat sich durch die eigenen Angaben der genehmigenden Behörde LANUV NRW erwiesen, dass die Auflagen der §§ 7 und 8 TierSchG in mehreren Punkten bei der Erteilung der Genehmigung für diese Versuche gravierend missachtet wurden:
1. Das TierSchG schreibt vor, dass Doppel- und Wiederholungsversuche zu unterbinden sind.
Nach eigener Angabe wußte LANUV NRW bei Erteilung der Genehmigung nicht einmal, wie lange solche Versuche an der Universität Bochum durchgeführt wurden. Erst seine Aufsichtsbehörde, das Umweltministerium NRW, informierte in der Prüfung unserer Fachaufsichtsbeschwerde, dass diese Versuche seit 25 Jahren durchgeführt wurden.
Darüber hinaus hätte das LANUV NRW berücksichtigen müssen, dass solche Versuche an Primaten in der Hirnforschung in mehreren anderen deutschen Forschungsstandorten auch langjährig durchgeführt werden, was das Verbot von Doppelversuchen grundsätzlich missachtet.
2. Das TierSchG verlangt den Nachweis von brauchbaren Ergebnissen der Versuche für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren. Das LANUV NRW konnte keinen einzigen Nachweis in 25 Jahren Forschung liefern, weder aufgrund der Versuche selbst, noch aufgrund der anschließenden Tötung der Versuchstiere.
3. Das TierSchG schreibt die Bevorzugung von tierversuchsfreien Forschungsmethoden vor. Das LANUV NRW hat diese Auflage ignoriert, obwohl nachweislich seit Jahrzehnten tierversuchsfreie und aussagekräftigere Forschungsmethoden zur Verfügung stehen und schon im Einsatz sind (zum Beispiel nicht invasive und moralisch vertretbare Versuche mit freiwilligen menschlichen Probanden und Computertomographieverfahren).
Trotz dieser begründeten Beweislage über Verstöße gegen das TierSchG, haben auf den hierarchischen Dienstweg die Staatsanwaltschaft und die Oberstaats-anwaltschaft Bochum, die Generalstaatsanwaltschaft Hamm, sowie das Justizministerium NRW meine Strafanzeige durchgehend eingestellt, mit der willkürlichen Behauptung, dass mein Anliegen auf bloße „Vermutungen“ beruhe und keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein gesetzwidriges Verhalten vorlägen. Darauf hinzuweisen ist, dass das Umweltministerium NRW als Aufsichtsbehörde des LANUV NRW in seiner Prüfung unserer Fachaufsichtsbeschwerde und anläßlich einer Gesprächsrunde im Ministerium selbst zugeben musste, dass die Kontrolle der gesetzlichen Auflagen durch LANUV NRW unzureichend war.
Das Beharren auf dieses Totschlagargument durch die Staatsanwaltschaften ist inakzeptabel und darf in einem Rechtsstaat nicht hingenommen werden. Es ist im höchsten Maße bedenklich, dass in unserer demokratischen Gesellschaftsordnung Staatsanwaltschaften willkürlich den Weg zu einer gerichtlichen Prüfung bei nachgewiesenen Verstößen gegen geltende Gesetze versperren und die öffentliche Klage im Interesse der Allgemeinheit nicht erheben. Somit wird der legitimierte Anspruch jedes Bürgers auf eine Kontrolle der Exekutive durch die Judikative auf den Dienstweg stillschweigend außer Kraft gesetzt.
Der Antwort des Landesparlaments sehe ich dringlich entgegen.