10. Juni 2013
Genehmigte Primatenversuche in Bochum vom LANUV NRW: Beschwerde an die Generalbundesstaatsanwaltschaft
Wir sind eine Gruppe von Tierschützern und stellen die Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum vor dem Hintergrund der Aufnahme des Tierschutzes in der deutschen Verfassung 2002 und der Erklärung des Tierschutzes als Staatsziel tatkräftig in Frage. Wir haben unsere Auseinandersetzung mit der genehmigenden Behörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen – LANUV NRW) seit April 2012 in diesem Blog zusammengestellt, siehe: Primatenversuche in Bochum: Auseinandersetzung mit Behörden.
Unsere Strafanzeige gegen die genehmigende Behörde LANUV NRW wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz §§ 7 und 8, sowohl für die Tötung der Versuchstiere als auch für die Genehmigung der Versuche selbst, wurde von der Staatsanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft Bochum, sowie von der Generalstaatsanwaltschaft Hamm eingestellt.
Am 27.03.2013 haben wir eine erneute Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm wegen Einstellung des Verfahrens eingereicht, siehe: Primatenversuche in Bochum: Beschwerde wegen Einstellung unserer Anzeige durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm.
Nachstehend die weitere Entwicklung:
19.04.2013 – Antwort der Generalstaatsanwaltschaft Hamm auf unsere Beschwerde vom 27.03.13
AZ 2 Zs 706/13
Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter der Ruhr Universität Bochum u.A.
wegen Straftat nach dem Tierschutzgesetz
41 Ujs 61/12 StA Bochum
Ihre Eingabe vom 27.03.2013
Sehr geehrte Frau Urban,
auf Ihre vorbezeichnete Eingabe, die ich als Gegenvorstellungen gegen meinen Bescheid vom 08.03.2013 – 2 Zs 706/13 – ansehe, habe ich den Sachverhalt erneut geprüft, mich jedoch auch unter Berücksichtigung Ihres Vorbringens zu einer Abänderung der Entscheidung nicht veranlasst gesehen. Neue entscheidungserhebliche Tatsachen sind nicht vorgetragen.
Ihre Gegenvorstellungen, die mir auch im Übrigen zu Maßnahmen keinen Anlass geben, weise ich daher als unbegründet zurück.
Nachdem der Sachverhalt nunmehr wiederholt geprüft worden ist, vermag ich Ihnen auf weitere Eingaben in dieser Sache, die neues erhebliches Tatsachenvorbringen nicht enthalten, einen Bescheid nicht mehr in Aussicht zu stellen.
Hochachtungsvoll
Im Auftrag
Feld-Geuking
Leitende Oberstaatsanwältin
10.06.2013 – Beschwerde an die Generalbundesstaatsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe
Betr.:
Ermittlungsverfahren gegen das LANUV NRW
wegen Verdacht auf Vergehen gegen das Tierschutzgesetz
bei den Primatenversuchen an der Ruhruniversität Bochum
Meine Strafanzeige vom 05.11.2012 (41 UJs 61/12 StA Bochum)
Hier: Widerspruch und Beschwerde wegen Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft und die Oberstaatsanwaltschaft Bochum, sowie durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich Widerspruch und Beschwerde wegen Einstellung des Verfahrens in obiger Angelegenheit aufgrund der aus meiner Sicht unsachgemäßen und willkürlichen Entscheidungen der betroffenen, zuständigen Staatsanwaltschaften.
Meine ausführlich begründete Strafanzeige wegen Verstößen gegen das Tierschutz-gesetz bei der Genehmigung der Primatenversuche an der Ruhruniversität Bochum durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen (LANUV NRW) wurde durchgehend auf dem hierarchischen Dienstwege durch die unzutreffende Behauptung abgewiesen, dass es sich lediglich um Vermutungen handeln würden und dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein gesetzwidriges Verhalten des LANUV NRW vorlägen:
08.03.13 – AZ: 2Zs 706/13 – Generalstaatsanwaltschaft Hamm – Oberstaatsanwältin Rosenbaum:
Zitat:
„Ihre lediglich auf Vermutungen beruhende Behauptung, das zuständige Landesamt habe die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Forschungsvorhabens nur unzureichend bzw. überhaupt nicht geprüft, gibt zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen keinen Anlass.“
Zitatende
19.04.13 – AZ: 2Zs 706/13 – Generalstaatsanwaltschaft Hamm – Leitende Oberstaatsanwältin Feld-Geuking:
Zitat:
„Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Genehmigung des Forschungsvorhabens der Ruhr-Universität Bochum fehlerhaft oder unter Nichtberücksichtigung wesentlicher Umstände erfolgt ist, ergeben sich bereits nach Ihrem Vorbringen nicht.“
Zitatende
Die Belege, dass ein gesetzwidriges Verhalten der genehmigenden Behörde sehr wohl vorliegt, so dass mein Vorbringen keinesfalls auf bloße Vermutungen beruht, wurden von dem LANUV NRW selbst in seinen Antworten vom 27.07.12 (siehe Anlage 1) und 11.01.2013 (siehe Anlage 2) auf meine Bürgeranfragen vorgebracht:
Die §§ 7 und 8 TierSchG schreiben nämlich vor, dass die genehmigende Behörde folgende Voraussetzungen vor Erteilung der Genehmigung zu prüfen hat:
1) Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen.
2) Nachweis von brauchbaren Ergebnissen für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren.
3) Bevorzugung von tierversuchsfreien Alternativforschungsmethoden.
Die genehmigende Behörde LANUV NRW teilt jedoch in ihren Antworten auf meine Bürgeranfragen mit, dass diese gesetzlich einzuholenden Informationen ihr nicht vorgelegen haben und somit als Tatsache feststeht, dass sie ihrer gesetzlichen Prüfungspflicht bei Erteilung der Genehmigung nicht nachgekommen ist:
Im Kontext der gesetzlichen Auflagen der Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen:
Meine Frage vom 15.05.2012:
„Seit wann werden Primatenversuche in Bochum durchgeführt?“
Antwort des LANUV NRW – Brief vom 27.07.2012:
„Hierüber liegen meiner Behörde keine Angaben vor.“
Im Kontext der gesetzlichen Auflage des Nachweises von brauchbaren Ergebnissen für die Gesundheit oder das Wohlbefinden von Menschen und Tieren:
Antworte des LANUV NRW – Brief vom 11.01.2013:
„Diese Informationen liegen meiner Behörde nicht vor“.
Im Kontext der gesetzlichen Auflage der Bevorzugung von tierversuchsfreien Alternativforschungsmethoden: Meine Frage vom 03.08.2012, ob die Behörde vor Erteilung der Genehmigung geprüft habe, ob tierversuchsfreie Alternativ-forschungsmethoden zur Verfügung stehen (Zentralstelle ZEBET), wurde ignoriert.
Vor diesem Hintergrund ist die durchgehende Behauptung der Staatsanwaltschaften auf den Dienstweg unhaltbar und als völlig willkürlich anzusehen, dass mein Vorbringen auf bloße „Vermutungen“ beruhe und keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein gesetzwidriges Verhalten vorlägen. Das Beharren auf dieses Totschlagargument dokumentiert aus meiner Sicht eine mangelnde und fahrlässige Beschäftigung in der Sache durch die betroffenen Staatsanwaltschaften.
Diese Behauptungen der Staatsanwaltschaften werden darüber hinaus auch von der Tatsache widerlegt, dass sogar die Aufsichtsbehörde des LANUV NRW (das Umweltministerium NRW) in der Mitteilung ihrer Prüfungsergebnisse meiner diesbezüglichen Fachaufsichtsbeschwerde vom 06.10.2012 zugeben musste, dass die Kontrolle der gesetzlichen Auflagen bei der Genehmigung der Primatenversuche in Bochum unzureichend war. Es wurde zukünftige Verbesserung versprochen, was auch anläßlich einer Gesprächsrunde am 14.03.2013 auf Einladung des Ministeriums angesprochen wurde.
Dass im Kontext meiner Anzeige über die Rechtsmäßigkeit der Genehmigung der Primatenversuche in Bochum sehr wohl begründete Anhaltspunkte für eine Prüfung durch die Gerichtsbarkeit vorliegen, wird auch durch die Tatsache belegt, dass eine langjährige gerichtliche Auseinandersetzung im Rahmen von gleichen Versuchen an Primaten an der Universität Bremen stattfindet, die sich aktuell vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig austrägt.
Es ist aus meiner Sicht nicht nur befremdlich, sondern im höchsten Maße bedenklich, dass in unserer demokratischen Gesellschaftsordnung Staatsanwaltschaften willkürlich den Weg zu einer gerichtlichen Prüfung bei nachgewiesenen Verstößen gegen geltende Gesetze versperren und die öffentliche Klage im Interesse der Allgemeinheit nicht erheben. Somit wird der legitimierte Anspruch jedes Bürgers auf eine Kontrolle der Exekutive durch die Judikative auf den Dienstweg stillschweigend außer Kraft gesetzt. Das ist aus meiner Sicht inakzeptabel.
Ich berufe mich weiterhin auf § 258 StGB und möchte Sie dringend auf mein besonderes Bedürfnis nach Beachtung des Art. 20a GG hinweisen, der seit 2002 den Tierschutz als Staatszielbestimmung mit Verfassungsrang angehoben hat, sowie nach Erfüllung des Art. 20 Nr. III GG.
Ich beantrage Rechtsschutz beim Gericht.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich
mit ehrenamtlichen Grüßen
Gisela Urban
1. Vorsitzende Tierfreunde ohne Grenzen e.V.
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Siehe auch in diesem Blog:
Das Land Nordrhein-Westfalen strebt ein absolutes Verbot für Versuche mit Menschenaffen an
Informationsfreiheitgesetz: Anfrage des Abgeordneten Ralf Witzel
Ansprache an den Abgeordneten Ralf Witzel wegen Gebührenerhebung des LANUV NRW
Klagen gegen abschreckende Gebührenerhebungen des LANUV NRW, Recklinghausen
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