28. März 2013
Primatenversuche in Bochum: Beschwerde wegen Einstellung unserer Anzeige durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm
Wir sind eine Gruppe von Tierschützern und stellen die Primatenversuche an der Ruhr-Universität Bochum vor dem Hintergrund der Aufnahme des Tierschutzes in der deutschen Verfassung 2002 und der Erklärung des Tierschutzes als Staatsziel tatkräftig in Frage. Wir haben unsere Auseinandersetzung mit der genehmigenden Behörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen – LANUV NRW) seit April 2012 in diesem Blog zusammengestellt, siehe: Primatenversuche in Bochum: Auseinandersetzung mit Behörden.
Am 18.02.2013 haben wir eine erneute Strafanzeige gegen die genehmigende Behörde LANUV NRW bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz §§ 7 und 8 erstattet, sowohl für die Tötung der Versuchstiere als auch für die Genehmigung der Versuche selbst, siehe: Neue Strafanzeige gegen das LANUV NRW wegen Tötung von Versuchsaffen an der Ruhr-Universität Bochum
Nachstehend die weitere Entwicklung:
08.03.2013 – Einstellung der Anzeige durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm:
Aktenzeichen 2 Zs 706/13
Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter der Ruhr-Universität Bochum
wegen Straftat nach dem Tierschutzgesetz
– 41 UJ 61/12 StA Bochum –
Ihre Beschwerde vom 18.02.2013 gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Bochum vom 27.11.2012
Sehr geehrte Frau Urban,
auf Ihre Beschwerde habe ich den Sachverhalt geprüft, jedoch auch unter Berücksichtigung Ihres Beschwerdevorbringens keinen Anlass gesehen, die Wiederaufnahme der Ermittlungen anzuordnen. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat das Ermittlungsverfahren zu Recht und mit zutreffender Begründung eingestellt.
Ergänzend und zu Ihrem Beschwerdevorbringen bemerke ich:
Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Genehmigung des Forschungsvorhabens der Ruhr-Universität Bochum fehlerhaft oder unter Nichtberücksichtigung wesentlicher Umstände erfolgt ist, ergeben sich bereits nach Ihrem Vorbringen nicht. Die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des Forschungsvorhabens unter Berücksichtigung der Vorschriften des Tierschutzgesetzes hinzugezogene Ethik-Kommission hat den Tierversuchsantrag gebilligt, auch die Tierschutzbeauftragte der Ruhr-Universität Bochum hat keine Bedenken gegen die Versuche und die nachfolgende Tötung der Versuchstiere, die nach dem Forschungsantrag ebenfalls wissenschaftlichen Zwecken diente, erhoben. Ihre lediglich auf Vermutungen beruhende Behauptung, das zuständige Landesamt habe die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Forschungsvorhabens nur unzureichend bzw. überhaupt nicht geprüft, gibt zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen keinen Anlass.
Zudem fehlt es für eine Strafbarkeit der Beschuldigten an einer Tötung „ohne vernünftigen Grund“ im Sinne des § 17 Nr. 1 TierSchG, da die entsprechende Genehmigung im Sinne des § 8 TierSchG vorhanden vorhanden war. Selbst wenn – wofür, wie bereits ausgeführt keine Anhaltspunkte vorliegen – diese fehlerhaft erfolgt sein sollte, entfiele die hierdurch entstandene Legitimation der Tierversuche einschließlich der Tötung der Tiere nicht.
Ihre Beschwerde weise ich daher als unbegründet zurück.
Hochachtungsvoll
Im Auftrag
Rosenbaum
Oberstaatsanwältin
27.03.2013 – Widerspruch und Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm:
AZ: 2Zs 706/13
Ermittlungsverfahren gegen das LANUV NRW
wegen Vergehens gegen das Tierschutzgesetz
Meine Strafanzeige vom 05.11.2012 (41 UJs 61/12 StA Bochum)
Ihr Bescheid vom 08.03.13 (Oberstaatsanwältin Rosenbaum)
Hier: Widerspruch und Beschwerde
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich Widerspruch und Beschwerde gegen Ihren obigen Bescheid vom 08.03.13 zur Bestätigung der Einstellung meiner Anzeige durch die Staatsanwaltschaft Bochum, und zwar in folgenden Punkten Ihrer Begründungen:
Zitat:
„Ergänzend und zu lhrem Beschwerdevorbringen bemerke ich: Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Genehmigung des Forschungs-vorhabens der Ruhr-Universität Bochum fehlerhaft oder unter Nichtberück-sichtigung wesentlicher Umstände erfolgt ist, ergeben sich bereits nach Ihrem Vorbringen nicht. Die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des Forschungs-vorhabens unter Berücksichtigung der Vorschriften des Tierschutzgesetzes hinzugezogene Ethik-Kommission hat den Tierversuchsantrag gebilligt, auch die Tierschutzbeauftragte der Ruhr-Universität Bochum hat keine Bedenken gegen die Versuche und die nachfolgende Tötung der Versuchstiere, die nach dem Forschungsantrag ebenfalls wissenschaftlichen Zwecken diente, erhoben.„
Zitatende
Ihre Ausführungen, dass das Versuchsvorhaben allein deshalb nicht gegen die von mir angeführten Bestimmungen der §§ 7 und 8 TierSchG verstoßen könnte, weil die Ethik-Kommission und der Tierschutzbeauftragte keine Bedenken gegen das Versuchsvorhaben hatten und es zubilligten, wirken äußerst befremdlich.
Die Ethik-Kommission übt gemäß § 15 TierSchG lediglich eine Beratungs- bzw. Unterstützungsfunktion für die Entscheidungen der Behörde aus, wobei die Entscheidungen einzig der genehmigenden Behörde obliegen. Sie ist gemäß § 15 TierSchG auf gar keinen Fall durch eine Ethik-Kommission von ihrer Pflicht zur Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit der Forschungsvorhaben befreit und ist auch nicht befugt, die Zuständigkeit und Verantwortung für ihre Entscheidungen auf eine Ethik-Kommission zu verlagern.
Außerdem ist es verständlicherweise nicht systematisch auszuschließen, dass auch Versäumnisse oder fehlerhafte Beurteilungen im Sinne des TierSchG von einer Ethik-Kommission ausgehen können. Die bloße Beurteilung einer Ethik-Kommission kann auf keinen Fall eine Garantie dafür sein, dass diese Beurteilung auch gesetzeskonform und rechtlich unanfechtbar ist.
Zitat:
„Ihre lediglich auf Vermutungen beruhende Behauptung, das zuständige Landesamt habe die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Forschungs-vorhabens nur unzureichend bzw. überhaupt nicht geprüft, gibt zu weiteren Ermittllungsmaßnahmen keinen Anlass.“
Zitatende
Auch diese Ausführungen wirken äußerst befremdlich. Ich habe meine Vorwürfe keinesfalls auf Vermutungen abgestellt, sondern vielmehr auf Auskünfte der Behörde selbst in ihren verschiedenen Antwortschreiben, die ich in meiner Beschwerde an die Staatsanwaltschaft Bochum vom 18.02.13 belegt und nachgewiesen habe (6 Anlagen). Daraus geht eindeutig hervor, dass wichtige Informationen, die der Behörde zur gesetzeskonformen Beurteilung gemäß §§ 7 und 8 der Unerlässlichkeit des Versuchsvorhabens hätten vorliegen müssen, nach eigenen Aussagen der Behörde nicht vorlagen. Dadurch war die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung von wesentlichen Auflagen des TierSchG zur Genehmigung der Versuche nicht möglich und hat dementsprechend auch nicht stattgefunden.
Dass die Prüfung der gesetzlichen Auflagen durch die genehmigende Behörde LANUV NRW unzureichend war, musste auch ihre Aufsichtsbehörde, das Umweltministerium NRW, nach der Prüfung meiner Fachaufsichtsbeschwerde in ihrem Schreiben vom 19.02.2013 zugeben, wobei mir eine zukünftige Besserung bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen durch einen Gesetzentwurf versprochen wurde.
Zusammenfassend vermisse ich in Ihrer Entscheidung, das Verfahren einzustellen, eine eingehende Prüfung durch Ihr Amt der von mir eingereichten Unterlagen, die meine Vorwürfe begründen und belegen. Genauso vermisse ich die Beachtung des Art. 20a GG, der seit 2002 den Tierschutz als Staatszielbestimmung mit Verfassungsrang angehoben hat. Ich möchte Sie dringend auf mein besonderes Bedürfnis nach Erfüllung der Art. 20 Nr. III hinweisen.
Ich berufe mich auf § 258 StGB und bitte Sie, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Urban
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