Blog – Jocelyne Lopez

Primatenversuche in Magdeburg: Unsere Antwort an die genehmigende Behörde

Wir sind eine Gruppe von Tierversuchsgegnern und stellen die Rechtsmäßigkeit der langjährigen Primatenversuche in Magdeburg in der Hirnforschung in Frage. Ich verweise in diesem Blog auf unsere Anfrage an die genehmigende Behörde, das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) und auf die Antwort der Behörde: Grausame Primatenversuche in der Hirnforschung in Magdeburg.

Nachstehend gebe ich unsere Antwort an die Behörde wieder:

 

11.01.13 – Antwort an das Landesverwaltungsamt Halle (Saale)

Betr.: Durchführung von Primatenversuchen in Magdeburg
Meine Anfrage vom 12.11.2012
Ihr Schreiben vom 11.12.2012
(AZ 503.1.1. 5114-14/12 – Sachbearbeitung Frau Münscher-Paulig)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich danke für Ihr Schreiben vom 11.12.2012 in obiger Angelegenheit und komme auf Ihre Aussagen zu den von Ihrem Amt nicht beantworteten Fragen 3 und 4 aus meiner Anfrage zurück: 

Frage 3) aus meiner Anfrage vom 12.11.2012:  

Zitat:
Zu welchen Erfolgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren haben nach Kenntnis Ihrer Behörde die in Magdeburg durchgeführten Versuche bei den jeweiligen Forschungszwecken bis jetzt geführt?
Zitatende 

 

Ihre Antwort aus Ihrem Schreiben vom 11.12.2012:

Zitat:
Zu den Fragen 3, 5 und 6 sind ebenfalls keine aufgezeichneten amtlichen Informationen vorhanden. Fragen zu nicht aktenmäßigen untersetzten Positionen sowie Rechtsauffassungen der Behörde sind nicht nach dem  IZG LSA zu beantworten, da es an der Eigenschaft  einer aufgezeichneten amtlichen Information fehlt (vgl. Anwendungshinweis des Landesbeauftragten für die lnformationsfreiheit Sachsen-Anhalt zu IZG LSA – S 2, S. 17).
Zitatende

 

Diese Antwort wirkt für Bürger äußert befremdlich. Gemäß Informationen aus den Medien haben  nämlich die Forscher mit dem Antrag zur Genehmigung des Versuchsvorhabens substantiiert nachzuweisen, dass das Vorhaben unerlässlich im Sinne des Gesetzes ist, was logischerweise impliziert, daß die genehmigende Behörde sowohl den im Forschungsantrag angestrebten  Nutzen, als auch die Nachweise von umsetzbaren Erkenntnissen zur Kenntnis nehmen muss und in der Akte festzuhalten hat. 

Ich zitiere hier zum Beispiel Informationen von einem führenden Hirnforscher, der auch langjährig solche Versuche in Frankfurt durchführt:

Zitat Prof. Dr. Wolf Singer, Direktor des Max-Planck Instituts für Hirnforschung in Frankfurt in der Zeitschrift „Gegenworte“ Nr. 4, 1999:

Ich muß in meinen Anträgen den Nachweis antreten, daß die Ergebnisse einer geplanten Versuchsreihe von so großer praktischer Bedeutung sein werden, daß sie ethisch gerechtfertigt ist. Das zwingt mich fast zum Betrug, weil ich in der Tat in vielen Bereichen nicht angeben kann, ob das Versuchs-ergebnis wirklich in absehbarer Zeit Leiden vermindern wird. […] Man wird vom Gesetzgeber in eine Argumentationspflicht genommen, die man vor sich selbst nicht rechtfertigen kann.“
[…]
Ja, das sieht man deutlich daran, daß der Gesetzgeber zu-nehmend die Zuwendung von Mitteln davon abhängig macht, daß wir nachweisen können, welche umsetzbaren Erkenntnisse die einzelnen Untersuchungen erbringen werden. Das ist eine Katastrophe. Diese Vorgaben verführen die Forscher zum Schwindeln.

Zitatende

Demzufolge wäre die  Antwort Ihres Amtes auf  meine Frage über die Erfolgen der Versuchsreihe für die Gesundheit von Menschen oder Tieren, dass keine aufgezeichneten amtlichen Informationen vorhanden sein müssen, nicht zutreffend und würde auf nicht gesetzeskonforme Genehmigungen schließen lassen.

 

 

Fragen 4) e und f aus meiner Anfrage vom 12.11.12: 

Zitat:
e) Bestätigung, dass gemäß Ihren Recherchen vor Erteilung der Genehmigung ähnliche Versuche nicht an anderen Forschungs-stellen durchgeführt werden oder durchgeführt wurden.

f) Bestätigung, dass gemäß Ihren Recherchen vor Erteilung der Genehmigung keine tierversuchsfreien Alternativforschungs-methoden zur Verfügung standen (Zentralstelle ZEBET)
Zitatende

 

Ihre Antwort aus Ihrem Schreiben vom 11.12.12:

Zitat:
e) und f) 

Die von lhnen verlangten Bestätigungen beziehen sich auf Recher-chen, die vom Tierschutzgesetz und der allgemeinen Verwaltungs-vorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 09.02.2000 nicht vorgesehen sind. Daher sind hierzu keine aufgezeichneten amtlichen Informationen vorhanden.
Zitatende

 

Auch diese Antwort wirkt für Bürger äußerst befremdlich. Das Tierschutzgesetz (§§ 7 und 8 ) verpflichtet die genehmigende Behörde zu prüfen, dass das Versuchsvorhaben unerlässlich im Sinne des Gesetzes ist, unter Berücksichtigung von folgenden Einschränkungen:

–  Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen.

Dies setzt voraus, dass die Behörde vor Erteilung der Genehmi-gung Recherchen anstellen muss, ob die beantragten Versuche nicht an anderen Forschungsstandorten schon durchgeführt wurden oder durchgeführt werden. Diese Recherchen stellen also sehr wohl eine vom Tierschutzgesetz aufgezeichnete amtliche Information, die zu der Genehmigungsakte gehört. Dadurch hätte Ihre Behörde feststellen können, dass solche Versuche in der Hirnforschung schon langjährig an anderen Forschungsstandorten durchgeführt wurden bzw. durchgeführt werden (Frankfurt, Tübingen,  Bochum, München, Berlin, Göttingen).

–  Bevorzugung von tierversuchsfreien Alternativmethoden.

Zu diesem Zweck stellt die staatlich finanzierte Zentralstelle ZEBET (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) den Forschern und den genehmigenden Behörden eine umfangreiche Datenbank zu Alternativ-forschungsmethoden zur Verfügung. Diese Recherchen stellen also auch sehr wohl eine vom Tierschutzgesetz aufgezeichnete amtliche Information, die vor Erteilung der Genehmigung einzuholen ist und zu der Genehmigungsakte gehört. Dadurch hätte Ihre Behörde zum Beispiel feststellen können, dass moderne tierversuchsfreie Verfahren in der Hirnforschung  schon langjährig den Forschern zur Verfügung stehen, siehe zum Beispiel einen Bericht der Organisation Ärzte gegen Tierversuche e.V.:  Hirnforschung mit Sinn und Verstand – Ohne Affen

 

Abschließend möchte ich zu Ihrer folgenden Aussage in Ihrem Schreiben vom 11.12.12 Stellung nehmen:

Zitat: 
Abschließend weise ich Sie darauf hin, dass die Durchführung des IZG LSA gemäß § 10 IZG LSA kostenpflichtig ist. Die Gebühren bemisst sich dabei nach dem angefallenen Zeitaufwand. Über die Kosten wird lhnen ein gesonderter Kostenbescheid zugehen.
Zitatende 

Wie Sie es aus meiner Anfrage vom 12.11.12 entnehmen konnten, informierte mich Herr Minister Dr. Hermann Onko Aeikens auf meine Frage hin, dass Ihre Behörde zuständig und verantwortlich für die Genehmigung von Tierversuchen in Magdeburg ist, so dass meine Anfrage ersichtlich – und auch ausdrücklich in meinem Schreiben vom 12.11.12 – im öffentlichen Interesse erfolgte. Ich engagiere  mich ehrenamtlich, um  die notwendige Transparenz bei den Primatenver-suchen in Magdeburg herbeizuführen und den legitimierten  Informationsbedarf der interessierten Öffentlichkeit zu befriedigen.

Für die Erhebung von Gebühren verweist das IZG LSA im § 10 auf das  Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt, jedoch wird nirgendwo im IZG LSA angeordnet, dass die Regelung der Gebührenbefreiung bei Auskünften, die im öffentlichen Interesse erfolgen, aufgehoben wird.  Ich berufe mich dementsprechend auf das Verwaltungskostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt: 

Zitat:
VwKostG § 6 Kostenermäßigung und Kostenbefreiung
Für bestimmte Arten von Amtshandlungen können aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses Gebühren-ermäßigung und Auslagenermäßigung sowie Gebührenbefreiung und Auslagenbefreiung vorgesehen oder zugelassen werden.
Zitatende

und beantrage eine Gebührenbefreiung für meine Anfrage im öffentlichen Interesse.

Mit ehrenamtlichen Grüßen
Roswitha Taenzler 

Mitzeichner:
Jocelyne Lopez
Gabriele Menzel
Dagmar Seliger
Claudia Sunitsch
Gisela Urban
Aktionsgemeinschaft gegen Tierversuche FFM
Tierfreunde ohne Grenzen e.V.