Blog – Jocelyne Lopez

Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main wegen den Tierexperimenten des Hirnforschers Wolf Singer

Wir sind eine Gruppe von Tierschützern und stellen die Rechtsmäßigkeit der langjährigen Tierversuche des Grundlagenforschers Prof. Dr. Wolf Singer, Direktor des Max Planck Instituts für Hirnforschung in Frankfurt, in Frage. Ich verweise auf meinen Blog-Eintrag Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wegen Einstellung meiner Anzeige gegen Christian Wulff und gebe eine weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit wieder, die sich durch die Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens durch die General-staatsanwaltschaft Berlin zur Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ergeben hat:

Zitat Oberstaatsanwältin Kuppe, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, 21.09.12:

Soweit Sie in der Beschwerdebegründung nunmehr ersichtlich Ihre Strafanzeige auf Dr. Dr. h.c. mult. Wolf Singer wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erweitert haben, hat die Staatsanwaltschaft Berlin ein neues Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen 222 Js 915/12 eingeleitet, das zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main abgegeben wurde.

 

 

24.09.12 – Antwort der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen:

AZ 8940 Js 242427/12

Auf die Strafanzeige der Jocelyne Lopez vom 30. August 2012 gegen Wolf Singer wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt (§§ 152 Absatz 2 i.V. m. § 160 Abs. 1 der Strafprozessordnung).

Gründe: Die Strafanzeige enthält keine Schilderung eines konkreten Tatvorwufs bzw. Tatgeschehens. Für die Aufnahme von Ermittlungen bedarf es der Darstellung von konkreten Anhaltspunkten, die ein strafrelevantes Verhalten des Beanzeigten nahelegen. Die allgemeine Behauptung, der Beanzeige würde ungenehmigte (Tier-) Versuche an Primaten durchführen, reicht zur Konkretisierung des Tatvorwurfs nicht aus.

Lindgens
Staatsanwalt

 

 

05.10.12 – Widerspruch und Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main:

Betr.:
Tierschutz
Tierexperimente von Prof. Dr. Wolf Singer, Max Planck Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main
Ihr Schreiben vom 24.09.12 – AZ 8940 Js 242427/12
Hier: Widerspruch und Beschwerde

Sehr geehrte Damen und Herren, 

ich erhebe hiermit Widerspruch und Beschwerde gegen die Ablehnung durch die Abteilung „Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen“ der Ein-leitung eines Ermittlungsverfahrens im o.g. Sachverhalt. Die Angelegenheit ist nicht von der zutreffenden zuständigen und verantwortlichen Abteilung  der Staatsanwalt-schaft Frankfurt bearbeitet worden: sie betrifft nicht Wirtschaftsstrafsachen, sondern Tierschutz:

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Oberstaatsanwältin Kuppe, hat nämlich aus meiner Beschwerde in einer anderen Angelegenheit (Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Wolf Singer) meinen Vorwurf des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz der Tierexperimente von Wolf Singer abgetrennt (unter AZ 222 Js 915/12 Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Oberstaatsanwältin Kuppe) und zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am 21.09.12 weitergeleitet: Der von mir ausgesprochene Verdacht ist dementsprechend nicht von der Abteilung „Wirtschaftsstrafsachen“ zu prüfen, sondern von der Abteilung Tierschutz.

Es bestehen durchaus konkrete Anhaltspunkten, die ein strafrelevantes Verhalten im Rahmen der langjährigen Tierexperimente des Hirnforschers Wolf Singer nahelegen und zwar das Fehlen des vom TierSchG § 1 geforderten „vernünftigen Grundes“: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

 

1. Das Gesetz fordert für jedes Tierversuchsvorhaben eine begründete Darlegung des Forschungszwecks und des angestrebten Nutzens. Wolf Singer, dessen Experimente offiziell in der Grundlagenforschung angesiedelt sind, bezeichnete noch 1999 diese gesetzliche Vorgabe als eine „Katastrophe“, die „die Forscher zum Schwindeln zwingt“, sträubte sich gegen den geplanten (und inzwischen 2002 verabschiedeten) Art. 20 a GG Erklärung des Tierschutzes als Staatsziel-bestimmung mit Verfassungsrang, und kündigte in den Medien an, sich auf den juristischen Weg – wenn nötig bis zur Verfassungsklage – dagegen zu wehren, siehe zum Beispiel:

Zeitschrift GEGENWORTE – Heft 4 – 1999
Wolf Singer und Leo Montada: Polemik oder Diskurs
http://www.gegenworte.org/heft-4/singer4.html

Zitate Wolf Singer:

„Ich muß in meinen Anträgen den Nachweis antreten, daß die Ergebnisse einer geplanten Versuchsreihe von so großer praktischer Bedeutung sein werden, daß sie ethisch gerechtfertigt ist. Das zwingt mich fast zum Betrug, weil ich in der Tat in vielen Bereichen nicht angeben kann, ob das Versuchsergebnis wirklich in absehbarer Zeit Leiden vermindern wird. […] Man wird vom Gesetzgeber in eine Argumentationspflicht genommen, die man vor sich selbst nicht rechtfertigen kann.“
[…]
„Ja, das sieht man deutlich daran, daß der Gesetzgeber zunehmend die Zuwendung von Mitteln davon abhängig macht, daß wir nachweisen können, welche umsetzbaren Erkenntnisse die einzelnen Untersuchungen erbringen werden. Das ist eine Katastrophe. Diese Vorgaben verführen die Forscher zum Schwindeln.“
[…]
„Wovor wir jetzt schon Angst haben, sind die einstweiligen Verfügungen, die je nach Gutdünken der Richter unsere Arbeit über Jahre lahmlegen können, bis wir beim Verfassungsgericht gelandet sind und dort wohl gewinnen werden.“
[…]
„Das Problem mit der Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grundgesetz ist, daß es dann neben dem Artikel 5 ‚Forschung und Wissenschaft sind frei‘, einen weiteren Artikel im Grundgesetz gibt, der sich speziell mit der Schutzbedürftigkeit der Tiere befaßt und der, falls er nun kommen sollte, gegen den Artikel 5 gerichtswirksam ausgespielt werden kann.“ 

 

  

2. Das Gesetz fordert bei jedem Versuchsvorhaben den Nachweis, dass ähnliche Versuche nicht schon woanders durchgeführt werden, um die Wiederholung von ähnlichen Versuchen zu vermeiden. Wolf Singer haltet sich nicht an diese Bestimmung: Seine seit 30 Jahren durchgeführten Tierversuche werden in ähnlicher Weise auch langjährig an anderen Forschungsstandorten durchgeführt, wie zum Beispiel in Bremen von seinem Schüler Andreas Kreiter – wobei sowohl der Bremer Senat mit der Unterstützung der Mehrheit der Bremer Bevölkerung einstimmig den Rückzug aus solchen Versuchen im Land Bremen beschlossen hat, und die genehmigende Behörde sowie die Gerichtbarkeit die Fortführung solcher Versuche untersagten. Siehe zum Beispiel in der Webseite von „Ärzte gegen Tierversuche e.V.“:

Der Fall Bremen
http://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/index.php?option=com_content&view=article&id=225:der-fall-bremen&catid=55:tierversuche-an-affen&Itemid=65

In Tübingen, in Bochum und in Magdeburg werden auch seit Jahren ähnliche Versuche in der Hirnforschung durchgeführt. In Berlin und München haben allerdings die jeweiligen zuständigen und verantwortlichen Behörden die Genehmigung für die Fortführung solcher Versuche bereits abgelehnt.

 

 

3. Das Gesetz fordert den Nachweis von brauchbaren Erfolgen der durchgeführten Tierversuche für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren.  Wolf Singer hat für seine seit 30 Jahren offiziell in der Grundlagenforschung angesiedelten Tierversuche gemäß eigenem Zugeständnis keine Erfolge zu verzeichnen, siehe zum Beispiel:

Zitat Wolf Singer:

“Ich bin davon überzeugt, dass wir heute weniger wissen, wie das Gehirn funktioniert, als wir vor 20, 30 Jahren zu wissen glaubten.”
(DIE ZEIT – 10.03.2005 – Nr. 11)

 

 

4. Das Gesetz fordert die Förderung von tierversuchsfreien Alternativforschungs-methoden. Wolf Singer haltet sich nicht daran: Seine eigene Hauptthese der Nicht-Existenz der Willensfreiheit bei Menschen will er durch grausame Tierexperimente nachgewiesen haben, wobei dieser Forschungsansatz durch nichtinvasive und ethisch vertretbare Versuche bereits mit menschlichen  freiwilligen Probanden experimentiert wurde (Libet-Experimente) und darüber hinaus von den Experimentatoren selbst als methodologisch nicht geeignet erklärt wurde, die Existenz oder Nicht-Existenz der Willensfreiheit bei Menschen nachzuweisen, siehe zum Beispiel:

Die Libet-Experimente
http://www.philosophieverstaendlich.de/freiheit/aktuell/libet.html

 

 

5. Offiziell werden die Experimente am Max Planck Institut für Hirnforschung in der Grundlagenforschung im Dienste der Allgemeinheit angesiedelt, wie alle 80 Institute der Max Planck Gesellschaft.

Mehrere Äußerungen von Wolf Singer in den Medien deuten jedoch darauf hin, dass er schon langjährig für die Entwicklung von Psychopharmaka im Dienste der Pharmaindustrie forscht, wie zum Beispiel: 

Magazin „Gehirn & Geist“ – 2004 – Interview mit Wolf Singer und Thomas Metzinger „Ein Frontalangriff auf unsere Menschenwürde“
http://www.philosophie.uni-mainz.de/metzinger/publikationen/Gehirn%20&%20Geist.htm

Zitat Wolf Singer:

„Zunächst einmal: Psychodrogen sind überhaupt nichts Neues. Wir trinken schließlich auch Kaffee. Die Menschheit war immer sehr innovativ, wenn es darum ging, Stoffe zu entwickeln, die auf die Psyche einwirken. Wir verfügen heute über ein ganzes Arsenal psychoaktiver Pharmaka – wobei die Palette der Möglichkeiten allerdings derzeit enorm anwächst.“

Zitat Thomas Metzinger:

„Es könnte durchaus sein, dass das Drogenproblem eskaliert, wenn es neue Substanzen gibt, die noch viel schönere Bewusstseinszustände vermitteln als alles, was wir heute kennen. Wo ein Markt entsteht, wird immer auch eine Industrie sein, die ihn bedient – ob legal oder illegal. Noch wichtiger erscheint mir jedoch das Stichwort „Neurotechnologie“: Wissenschaftler arbeiten weltweit emsig an neuen technologischen Zugriffsmöglichkeiten auf das Gehirn. Kurz: Die Möglichkeiten, unsere geistigen Zustände zu verändern, werden an vielen Fronten optimiert und in Zukunft überhaupt zahlreicher.“

 

Zeitschrift GEGENWORTE – Heft 4 – 1999
Wolf Singer und Leo Montada: Polemik oder Diskurs
http://www.gegenworte.org/heft-4/singer4.html

Zitat Wolf Singer:

„Wenn ich Tierversuche, zum Beispiel für die Entwicklung von Antidepressiva für unethisch halte, dann muß ich auch konsequent sein. Dann erwarte ich von Tierschützern, daß sie in ihrem Paß vermerken: „Ich bin überzeugter Tierversuchsgegner und möchte, wenn ich im Koma aufgefunden werde, mit folgenden Verfahren nicht behandelt werden, weil diese nachweislich auf der Basis von Tierversuchen entwickelt worden sind.“ 

Auch wurde eine Bürgeranfrage 2012 von der genehmigenden Behörde für die Tierversuche von Wolf Singer nicht beantwortet und es wurde keine Transparenz über die Verlagerung 2011 der langjährigen Tierexperimente der Grundlagenforschung vom Max Planck Institut für Hirnforschung auf ein Privatunternehmen der Pharmaindustrie (Hexal) herbeigeführt. 

 

Vor diesem Hintergrund bestehen aus meiner Sicht sehr wohl ausreichende Anhaltpunkte zum Verdacht auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz der Tierexperimente des Hirnforschers Wolf Singer. Ich bitte um die Einleitung von Ermittlungen durch die zuständige und verantwortliche Abteilung Ihrer Behörde.

Mit freundlichen Grüßen
Jocelyne Lopez

 

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Siehe auch komplette, aktuelle Zusammenstellung unserer Austausche mit Behörden im Zusammenhang mit den Tierexperimenten von Wolf Singer unter folgendem Link in diesem Blog:

Verdacht auf Verstoß gegen das Grundgesetz der Tierexperimente von Prof. Dr. Wolf Singer: Auseinandersetzungen mit Behörden

 



Comments

  1. November 6th, 2012 | 20:40

    […] Anlage: Mein Widerspruch und Beschwerde vom 05.10.12 an die Generalstaats-anwaltschaft Frankfurt wegen Einst… […]

  2. November 7th, 2012 | 07:21

    […] eine weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit nach meiner Beschwerde vom 05.10.2012 an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/M. wegen Einstellung meiner Anzeige durch die Staatsanwaltschaft […]

  3. November 22nd, 2012 | 09:12

    […] und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt  meine Anzeige eingestellt haben (siehe: Beschwerde vom 05.10.2012 an die Generalstaats-anwaltschaft Frankfurt/M. ) habe ich am 21.11.2012 eine Beschwerde an die zuständige höchstnächste Instanz […]