Blog – Jocelyne Lopez

Genie oder Spinner? Warum wir Querdenker brauchen

Ein Artikel von Solveig Bach vom 17.05.2012 in der Online-Zeitung n-tv: 

Genie oder Spinner? Warum wir Querdenker brauchen

Auszüge:

Ist es nur ein Hirngespinst oder doch eine revolutionäre Idee? Das ist gerade bei den ganz großen Entdeckungen nicht immer leicht zu unterscheiden. Mit völlig neuen Gedanken und vor allem mit den Menschen, die sie denken, tun wir uns schwer. Dafür gibt es wissenschaftliche Gründe, wir tun aber gut daran, den Neugierigen Raum zu lassen.

Jede wirklich neue Erkenntnis oder Erfindung ist beim ersten Denken so ungeheuerlich, dass man nicht sicher sein kann, ob sie nicht einfach verrückt ist. Gerade bei den ganz neuen Überlegungen ist der Grat zwischen Genie und Spinner oftmals beängstigend schmal. Doch manche Menschen können nicht anders, als trotzdem einer fixen Idee zu folgen, auch wenn sie dafür sozial geächtet werden. Warum das so ist, dieser Frage geht Jürgen Schaefer in seinem Buch „Genie oder Spinner – Sind wir offen für Neues?“ nach.
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Der Wissenschaftsjournalist Schaefer sagt, alle lieben die Querdenker, wenn sie nur lange genug tot sind. Gehören sie hingegen zum eigenen Team oder zur eigenen Firma, machen sie uns einfach nur wahnsinnig und werden im schlechtesten Fall als Querulanten abgetan.
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Es ist jedoch nicht intellektuelles Unvermögen, die anderen Wahrheiten zu sehen oder allgemein anerkannte Glaubenssätze infrage zu stellen. Vielmehr verbinden uns gemeinsame Auffassungen mit anderen Menschen – sie anzuzweifeln, bringt auch den Zusammenhalt mit der Gruppe in Gefahr.

Dieser Gruppenzwang ist so groß, dass wir uns sogar dann der Mehrheitsmeinung anschließen, wenn wir die Dinge zunächst anders gesehen haben. Nicht weil wir klein beigeben, sondern weil wir uns im Irrtum wähnen und sich schließlich sogar unsere Wahrnehmung ändert.
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Das Anderssein und -denken erzeugt Stress und Angst. Hier geht es gefühlt ums nackte Überleben, und eine abweichende Meinung zu vertreten, widerspricht der Natur des Menschen. Nützliche Routinen ermöglichen uns einen unkomplizierteren Alltag, sie geben uns Sicherheit. Das gilt auch für Wissenschaftler, die oft als Querdenker starten und später im wissenschaftlichen Establishment landen und neue Ideen nur schwer aushalten. Deshalb irren auch so viele Experten, während interessierte Laien oder Fachfremde durch ihre andere Sichtweise die Dinge ganz klar sehen können. Dann steht plötzlich die Sonne im Mittelpunkt und die Immobilienblase steht kurz vor dem Platzen. Ein neues Weltbild entsteht.
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Am Ende zieht Schaefer ein einfaches wie überzeugendes Fazit: „Fortschritt verdanken wir der Beharrlichkeit, mit der Einzelne immer wieder gegen den Strom schwammen, etwas dachten und sagten, das noch niemand gedacht oder gesagt hatte: Etwa, dass wir mal durchs Universum fliegen werden oder man in die eine Richtung lossegeln und aus der anderen Richtung zurückkommen kann.“

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NB: Alle dieser Überlegungen könnten sich aus meiner Sicht treffend auf die Kritiker der Relativitätstheorie beziehen, die eine im Mainstream etablierte Theorie in Frage stellen und durch ihr Andersdenken als Spinner („crank“) oder Querulanten abgetan werden – und in den schlimmsten Fällen auch massiv gesellschaftlich verfolgt werden, wie es in diesem Blog seit Jahren dokumentiert wird.