Blog – Jocelyne Lopez

Achilles und die Schildkröte und die Relativitätstheorie

Ich verweise auf Austausche im MAHAG-Forum über die relativistische Geschwindig-keitsaddition, die aus wundersamer Weise gemäß Spezieller Relativitätstheorie immer eine konstante Geschwindigkeit eines Lichtstrahles zu allen Beobachtern ergibt:

 

18.01.11 – Zitat von scharo:

Irgendwo habe ich gelesen, dass die Geschwindigkeits-Addition nur dann einen Sinn ergibt, wenn beide zu summierenden Geschwindigkeiten kleiner als c sind, hast Du so was auch gelesen? .

  

18.01.11 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Das war von Chief in meinem Thread „Die Längenkontraktion ist in der Relativitätstheorie nicht materiell“:

17.03.2009 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Könnte mir hier ein mathematisch geübter Teilnehmer zeigen, durch welche Rechenschritte man dieses erstaunlich gleich bleibendes Ergebnis beim Ausrechnen der Formel erzielt? Durch irgendeinen undurchsichtigen Rechenschritt werden ja die jeweiligen Geschwindigkeiten der Beobachter „neutralisiert“ bzw. als 0 angesetzt. Aber wo und wie?

 

17.03.09 – Zitat von Chief:

Das funktioniert nur solange die Summe der Geschwindigkeiten kleiner als die Grenzgeschwindigkeit c ist. Da wird einfach Additionstheorem hyperbolischer Funktionen (Tangeshyperbolikus) übernommen.

Formel2-Chief

Man sieht, dass die Funktion niemals größer als 1 sein kann.

Formel_Chief

Durch geschickte Formulierung wird der Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um eine Addition handelt.

Aus tanh=Geschwindigeit/Lichtgeschwindigkeit erhält man:

u/c=(v/c+w/c)/(1+vw/c²) und multipliziert mit c ergibt:

u=(v+w)/(1+vw/c²).

Das hatte mich damals an die sprachliche Täuschung des Paradoxons “Achilles und die Schildkröte“ erinnert, siehe mein Blog-Eintrag: Wie man uns mit der Gauklerformel der Speziellen Relativitätstheorie für dumm verkauft:

Zitat von Jocelyne Lopez:

Das erinnert mich an die Geschichte mit Achilles und der Schildkröte: Durch geschickte Formulierung des Rätsels merkt der Leser oder Zuhörer nicht, dass die vorgerechneten Berechnungsschritte sich ausschließlich auf die Teilstrecke beziehen, die vor dem Überholungszeitpunkt zurückgelegt wird, so dass man den Eindruck hat, dass Achilles die Schildkröte nie überholen kann… Also eine Täuschung, die nur als Paradoxon und als unterhaltsames Gesellschaftsspiel fungieren kann. So etwas verkauft man uns aber mit der Speziellen Relativitätstheorie als ernsthafte Physik, als geniale Mathematik und als tagtäglich tausendfach bewährte Technologieanwendungen, und noch dazu als Genialität und als Revolution des Denkens in der Geschichte der Menschheit….
Im Klartext: Man verkauft uns für dumm.

 

18.01.11 – Zitat von contravariant:

Bei einer sauberen Betrachtung löst sich das Paradoxon auf. Um es konkret zu machen: die Schildkröte hat 10m Vorsprung und bewegt sich mit 1m/s und Achilles mit 10m/s, dann erhält man für die zurückgelegten Strecken nach N Schritten:
S: 10m, 11m, 11.1m, 11.11m, … = 10 \sum_{i=0}^N 10^{-i}
A: 0m, 10m, 11m, 11.1m, … = 10 \sum_{i=0}^N 10^{-i}
also ist nach endlich vielen Schritten die Schildkröt ein Stück vor Achilles. Das Argument lautet dann natürlich, da die Schildkröte nach beliebig vielen (aber endlich vielen) Schritten vor Achilles ist, kann der sie niemals einholen. Das ist aber falsch. Mathematisch betrachtet handelt es sich bei dem Grenzwert lim_{N->\infty} \sum_{i=0}^N 10^{-i} um eine Reihe, und diese Reihe konvergiert, sprich sie hat einen endlichen Grenzwert 10/9. Das heißt nach unendlich vielen Schritten haben sowohl die Schildkröte alsauch Achilles eine Strecke von 100/9m zurückgelegt. Damit hat Achilles die Schildkröte dann eingeholt.

Das Paradoxon lässt sich also durch eine einfache mathematische Beschreibung lösen. Zur Ehrenrettung von Zenon muss man sagen, dass die Analysis zu seiner Zeit in dieser Form noch nicht bekannt war. Was das Ganze allerdings mit der Speziellen Relativitäts-theorie zu tun hat, ist mir nicht klar.

 

18.01.11 – Zitat von galactic32:

Hm, so vom physikalischen her fehlt mir die Argumentik mit der immer kürzer bis unendlich kurz werdenden Zeitspanne.
Diese „niemals“ des Arguments ist so ein temporal unlogischerer Hacken, oder die „Lüge“ mit dem kurzen „Beinchen“.
[…]
Psychologisch tricksich ist solche Gedankenführung schon.

Auch die Spezielle Relativitätstheorie befaßt sich mit der Physik der Geschwindigkeiten, sogar in einem absoluten Sinn,und in so fern paßt dieses Schein-Paradoxon-Rätsel ganz klar in den Zusammenhang unserer Diskussion.

 

19.01.11 – Zitat von Jocelyne Lopez:

Ein Paradoxon ist immer nur scheinbar, es gibt keine Paradoxien in der Realität. Der Trick bei Achilles und der Schildkröte besteht aus einer geschickten sprachlichen Irreführung des Zuhörers bzw. Lesers und man kann ohne Mathematik das Paradoxon lösen, auch in der Antike, falls man da noch keine infinitesimalen mathematischen Rechnungen kannte: Die Aufmerksamkeit des Lesers wird von der Gesamtstrecke des Wettbewerbs abgelenkt, dafür wird sie stets auf die Teilstrecke gelenkt, die vor dem Überholungszeitpunkt liegt und wo die Schildkröte folglich immer noch einen Vorsprung hat: Man teilt diese Teilstrecke bzw. diesen Vorsprung der Schildkröte vor dem Überholungszeitpunkt unendlich auf, so daß man der Täuschung unterliegt, die Schildkröte würde ewig einen Vorsprung behalten. In Wirklichkeit hat aber Achilles die Schildkröte auf der Gesamtstrecke schon nach dem 2. Rechenschritt überholt, ohne das man es bemerkt hat. Siehe die Beschreibung des Paradoxons durch Ekkehard Friebe in seinem Forum. 

Dieses Paradoxon hat insofern eine Verwandtschaft mit der relativistischen Geschwindig-keitsaddition, weil auch da eine Täuschung vorliegt: Die Addition c+v funktioniert nur solange die Summe c+v kleiner als c ist, es handelt sich also nicht um eine Addition, wie mir Chief es erklärt hatte, sondern im Gegenteil um eine Funktion, die verhindert, dass eine Addition stattfindet (so drücke ich es einfach als Mathematiklaie in diesem Fall aus, weil ich diese Funktion nicht kannte und heute noch nicht direkt mathematisch nachvollziehen kann).

 

19.01.11 – Zitat von Highway:

Taschenspieler-Tricks halt….

 

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Siehe auch: 
Prof. Harald Lesch lehrt uns Mathematik: 1 + 1 = 1



Comments

  1. Januar 25th, 2011 | 07:22

    […] Geschwindigkeitsaddition“ zu untersuchen, die immer dasselbe Ergebnis auf wundersamer Weise […]

  2. Januar 27th, 2011 | 07:42

    […] nur gelten, wenn man den Trick mit der Funktion anwendet, die von Chief beschrieben wurde, siehe Achilles und die Schildkröte und die Relativitätstheorie: Die “Addition” gilt nur, solange die Summe von c+v kleiner als c ist (die Variante von […]