17. Juli 2010
Hanebüchener Unsinn im Physikunterricht?
Sowohl Prof. Dr. Jürgen Ehlers, Gründungsdirektor vom Albert Einstein Institut als auch ein Experte der Relativitätstheorie, Dr. Markus Pössel, der sich für die Aufklärung der Öffentlichkeit in diesem Institut besonders engagiert, halten die relativistischen Effekte der Speziellen Relativitätstheorie für nicht real im Sinne von materiell, siehe Prof. Dr. Jürgen Ehlers: “Steuergeld für fröhliche Wissenschaft?” und Dr. Markus Pössel: Endlich eine eindeutige Aufklärung. Auch zum Beispiel der Physiknobelpreisträger, Anhänger der Relativitätstheorie und persönliche Freund von Albert Einstein Max Born vertrat diese Auslegung der Nicht-Realität der relativistischen Effekte, siehe hier.
Möglicherweise sind aber innerhalb der akademischen Physik zwischen Befürwortern der Relativitätstheorie Rivalitäten oder gravierende Meinungsverschiedenheiten über die Interpretation der Theorie vorhanden, ohne dass die Öffentlichkeit davon direkt etwas erfährt. Wer weiß schon draußen, was in den Elfenbeintürmen der Universitäten so vor sich hingeht? Immerhin sind die Aussagen vom Autor Jay Orear in einem Physiklehrbuch ziemlich merkwürdig und haben aus meiner Sicht nichts Wissenschaftliches, sie sind eher der Ausdruck eines Glaubenbekenntnisses, siehe Unwissenschaftliche und falsche Wissensvermittlung an die nachkommenden Generationen:
„Über das Zwillingsparadoxon (es wird auch Uhrenparadoxon genannt) ist lange debattiert worden. Heutzutage akzeptieren fast alle Physiker die hier gegebene Interpretation. Lediglich einige Philosophen, Mathematiker und sogar ein oder zwei Physiker behaupten immer noch, daß beide Zwillinge auf dasselbe physikalische Alter kommen müssen. Der Autor dieses Buches ist so überzeugt von der Verlangsamung des Alterns bei Raumfahrern, wie er von irgend etwas in der Physik überzeugt ist.”
Jay Orear: “Physik”. München. Carl Hanser 1982/1985. S. 162.
Nicht nur der Autor Jay Orear vermittelt den Studenten im öffentlichen Bildungssystem, dass die relativistischen Effekte real seien (im Sinne von materiell), entgegen der offiziellen Auslegung von Prof. Dr. Jürgen Ehlers und Dr. Markus Pössel von Albert Einstein Institut, sondern auch zum Beispiel im Schulbuch Metzler Physik wird den Schülern fälschlicherweise beigebracht, dass die relativistischen Effekte real im Sinn von materiell seien, siehe Wie die Relativitätstheorie einen Panzer sich elegant im Graben verbiegen lässt:
Physik-Aufgabe aus einem Schulbuch für das Physik-Unterricht (Metzler Physik – 1989, Seite 294):
8/43: Ist es möglich, mit einem 15 langen Panzer einen 10 m breiten Graben mit einer Geschwindigkeit von v = 0,8 c zu überqueren? Aus der Sicht des Panzerfahrers ist der Graben auf 6 m kontrahiert, und die Mitte des Panzers, dort sei der Schwerpunkt, steht noch fest auf der einen Seiten, wenn die Vorderkante des Panzers die andere Grabenseite erreicht. Aus der Sich der Verteidiger ist der Panzer auf 9 m kontrahiert. Er schwebt also einen Moment frei in der Luft und müsste in den Graben fallen! Wie löst sich dieser Widerspruch?
Lösung:
Dieses Problem wurde von W. Rindler 1961 aufgeworfen (Am. J. Phys. 29, 365 (1961)). Natürlich fällt der Panzer in den Graben, da er aus der Sicht der Verteidiger für einen Moment frei schwebt. Wie erklärt sich dieser Sachverhalt aus der Sicht des Panzerfahrers? Mit der Lorentz-Transformation zeigt Rindler, dass sich der Panzer in dem kontrahierten Panzer biegt. Anschaulich hilft hier ein Minkowski-Diagramm. In der Abbildung sind das Ruhsystem I des Panzers und das relativ dazu nach links bewegte System I’ des Grabens gezeichnet. Wir betrachten das Ereignis E (t = 0; die Panzerspitze fährt über den Grabenrand) und nehmen an, die zwischenmolekularen Kräfte im Panzer übertragen sich mit Lichtgeschwindigkeit. Nach 16 2/3 Sekunden hat erst ein Drittel des Panzers Kenntnis von dem Ereignis E und nur dieses Drittel kann demnach Kräfte Ausüben und den über dem Graben befindlichen Teil halten. Das Diagramm zeigt, dass sich bereits 80% dieses Drittels über den Graben befindet. Der Panzer kann demnach nicht starr bleiben, sondern biegt sich von Anfang an (parabelförmig) in den Graben.
Sogar der extrem dogmatische Forenrelativist Michael Hammer-Kruse aus dem Forum Alpha Centauri hat sich über diese Lehre im Metzler Physikschulbuch empört geäußert (sie sei „geradezu hanebüchen“) und wollte „ein paar kritische Fragen an das Lektorat des Verlages richten“. Das passiert ja nicht so oft, dass Teilnehmer aus dem Alpha Centauri Forum und überhaupt Anhänger der Relativitätstheorie kritische Fragen an offiziellen Stellen im öffentlichen Bildungssystem richten… Es wäre also interessant zu erfahren, welche Antwort er auf seine kritischen Fragen erhalten hat – und ob er überhaupt eine Antwort erhalten hat.
(Jocelyne Lopez)
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Siehe auch:
Wer entscheidet über Interpretationen der Relativitätstheorie?
Im Bildungssystem wird eine falsche Auslegung der Speziellen Relativitätstheorie gelehrt
Widersprüche der Speziellen Relativitätstheorie werden nicht ausgeräumt
Ansprache an das Bundesministerium für Bildung und Forschung