8. September 2009
Über Erdlinge und Sonnlinge
Ich verweise auf einen Austausch mit dem Teilnehmer Dingle in der Diskussion „Das Watergate der Physik“ im Forum „Politik sind wir“ über die seltsamen und abstrusen Vorstellungen des Begriffs „Bezugssystem“ in der Relativitätstheorie (siehe ab hier), und gebe nachstehend einige meiner Überlegungen darüber wieder:
Hier würde ich erst einmal wie der Nobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen sagen:
„Mir will es nicht in den Kopf hinein, dass man so ganz abstrakte Betrachtungen und Begriffe brauchen muss, um Naturerscheinungen zu verstehen.“
Der Begriff „Bezugssystem“ sorgt nämlich meiner Meinung nach in der Relativitätstheorie für viele Verwirrungen und Irreführungen. Zum Beispiel „Bezugssystem Sonne“ oder „Bezugssystem Myon“ oder „Bezugssystem Asteroid“ oder „Bezugssystem Lichtstrahl“ ist völliger Unsinn! Weder auf der Sonne, noch auf einem Asteroiden, noch auf einem Myon, noch auf einem Lichtstrahl kann ein Beobachter mit Messinstrumenten sitzen.
Dabei ist es mit Hausverstand ganz einfach zu verstehen:
Es gibt nur ein einziges Bezugsobjekt bei einer Beobachtung bzw. einer Messung: Das ist der Beobachter.
Es gibt logisch zwingend kein anderes „Bezugssystem“ bei einer Messung als der Beobachter, weil er ja die Messinstrumente trägt und abliest. Ohne Beobachter, keine Messung. Man kann also prinzipiell für den Beobachter getrost auf den Begriff „Bezugsystem“ verzichten, das ist nur Sprachballast, und zum besseren Verständnis immer nur den Begriff „Beobachter“ dafür benutzen, das ist viel praktischer, einfacher und anschaulicher – und auf jeden Fall hilfreich für das Verständnis und die Kommunikation, vor allem mit Physiklaien.
Der Sprachgebrauch in der Relativitätstheorie mit dem Begriff „Bezugssystem“ ist aber meiner Meinung nach katastrophal und chaotisch, ein Kuddelmuddel ohne gleichen. Man hört wie gesagt zum Beispiel am laufenden Band völlig abstruse Begriffe wie „Bezugssystem Sonne“, oder „Bezugssystem Myon“, oder „Bezugssystem Lichtstrahl“, die auch noch dazu gleichgesetzt werden mit „Bezugssystem Beobachter“!
Im Grunde genommen kommt man bei sprachlichen Darstellungen von Relativgeschwindigkeiten zwischen zwei zueinander bewegten Objekten nur mit 3 Begriffen aus, um sie korrekt und ohne Denkfehler darzustellen:
– Beobachter
– Bezugssystem Erde (Objekt ist mit der Erdoberfläche verbunden)
– Bezugssystem Raum (Objekt ist von der Erdoberfläche gelöst)
Es gibt nämlich nicht unendlich viele Möglichkeiten einen Beobachter zu plazieren, wie man es im Denk- und Sprachgebrauch der Relativitätstheorie pflegt. Das ist eine völlig unrealistische Vorstellung der Physik und der Meßkunde. Man muss die Machbarkeit berücksichtigen. Physik ist ja kein Märchen und keine Science-Fiction. Das ist völlig abstrus, einen fiktiven Beobachter auf dem Asteroiden, im Sternbild Löwe, auf der Sonne oder auf einem Myon plazieren zu wollen: Auf der Sonne, im Sternbild Löwe, auf dem Asteroiden oder auf einem Myon kann real kein Beobachter mit Messinstrumenten sitzen, das versteht sich von selbst, man wird also von diesen Standorten keine Messdaten bekommen. Das ist lediglich Fantasterei, und Messkunde ist keine Fantasterei, sondern ein ganz konkretes Handwerk.
Außerdem bringen diese Fantastereien überhaupt nichts, sie sind völlig unnötig, das ist nur reine mentale und sprachliche Verwirrung: Zum Beispiel ist die Relativgeschwindigkeit zwischen Sonne/Erde haargenau die gleiche, wie zwischen Erde/Sonne, kein bisschen anders. Oder zwischen Asteroid/Raumschiff und Raumschiff/Asteroid. Was soll also der Quatsch?
Es ist doch gehüpft wie gesprungen den Beobachter fiktiv auf der Sonne zu plazieren oder real auf der Erde, um die Relativgeschwindigkeit zwischen Sonne und Erde zu bestimmen: Die Relativgeschwindigkeit Erdling/Sonnling beträgt ja ganz genau die Relativgeschwindigkeit Sonnling/Erdling, und kein bisschen anders. Man braucht also keine zwei Messungen in dieser Konstellation, eine fiktive „aus der Sicht der Sonne“ und eine reale „aus der Sicht der Erde“. Beide sind logischerweise bei dieser Relation genau gleich. Die Frage „was wäre wenn“ erübrigt sich hier. Das ist also eine völlig überflüssige Fantasterei, den Beobachter auf der Sonne gedanklich zu plazieren. Einstein liebte allerdings offensichtlich solche Fanstastereien, wo er doch gesagt hat „Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“ und wo er gerne gedanklich auf einem Lichtstrahl riet, siehe zum Beispiel Einsteins Jugendinspirationen. Fantasie ist in der Tat unbegrenzt – anders als Wissen. Ich habe zwar nichts gegen Fantasie und zum Beispiel auch nichts gegen Science-Fiction, und ich liebe auch Märchen. Aber man muß sie vom wissenschaftlichen Denken immer klar unterscheiden.
Ich finde es unseriös und unverantwortlich, dass man Schüler und Studenten im Bildungssystem darauf trainiert, sich fiktive Beobachter und fiktive Messungen vorzustellen, um sie unmittelbar zu vermengen und zu vergleichen mit realen Messungen!
(Jocelyne Lopez)
[…] komme auf meinen Eintrag Über Erdlinge und Sonnlinge zurück, sowie auf den speziellen Sprach- und Denkgebrauch mit dem Begriff „Bezugsstem“ in […]
[…] komme auf meine Einträge Über Erdlinge und Sonnlinge und Sie gehen mir auf das System zurück, sowie auf das spezielle Bezugssystem-Mischmasch der […]
[…] Siehe auch meine Blog-Einträge: Sie gehen mir auf das System und Über Erdlinge und Sonnlinge […]