Blog – Jocelyne Lopez

Austausch mit Herrn Dr. Markus Poessel vom 10./12.08.08

Ich erhielt im Zusammenhang mit dem Austausch vom 07.08.08 folgende Antwort:

Von Markus Pössel
An Jocelyne Lopez
Datum: 10.08.08
Betr: Re: Frage zur Speziellen Relativitätstheorie

Sehr geehrte Frau Lopez,

wie wuerden Sie denn – wir lassen die Relativitaetstheorie einmal beiseite und bleiben bei der klassischen Physik – die folgende Situation bewerten?

Im tiefen Weltraum, fern jeglicher Planeten, fliegen drei Raumschiffe A, B, C hintereinander in die gleiche Richtung.

Der Beobachter im Raumschiff A misst fuer das Raumschiff B eine Geschwindigkeit von 20 km/h, fuer Raumschiff C eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Der Beobachter auf Raumschiff B misst fuer Raumschiff C eine Geschwindigkeit von 10 km/h. (Wie gesagt, rein klassische Physik.)

Wuerden Sie fragen: Wie kann denn Raumschiff C gleichzeitig zwei Geschwindigkeiten haben? Beschleunigt oder bremst es, je nachdem ob es gerade von A oder von B aus beobachtet wird? Ist „Geschwindigkeit“ ueberhaupt etwas reales?

Oder haben wir da einen Widerspruch in der klassischen Physik aufgedeckt, naemlich den unhaltbaren Ausdruck 10 km/h = 30 km/h?

Oder gilt: „Wenn wir mit zwei verschiedenen Messverfahren ein und dasselbe physikalische Ereignis messen und auf zwei verschiedene Messergebnisse kommen dann ist zwangslaeufig eines davon ein Messfehler (oder sogar beide). Anders geht es nicht?
Aber welche der beiden Geschwindigkeitsmessungen ist dann falsch? Insbesondere, wenn alle beteiligten Raumschiffe baugleiche Messinstrumente verwenden?

Mit den besten Gruessen,
Markus Poessel

——–

Dazu meine Antwort vom 12.08.08:

Von Jocelyne Lopez
An Markus Pössel
Datum: 12.08.08
Meine Anfrage vom 17.06.08
Ihre Antwort vom 30.06.07
Meine Rückfrage vom 01.07.08
Meine Rückfrage vom 12.07.08
Unser Austausch vom 21.07.08
Unser Austausch vom 24./25.07.08
Unser Austausch vom 26./27.07.08
Unser Austausch vom 31.07./01.08.08
Unser Austausch vom 04./05.08.08
Unser Austausch vom 07.08.08

Sehr geehrter Herr Dr. Pössel,

Vielen Dank für Ihre E-Mail vom 10.08.08.
Sie schreiben:

Im tiefen Weltraum, fern jeglicher Planeten, fliegen drei Raumschiffe A, B, C hintereinander in die gleiche Richtung.

Der Beobachter im Raumschiff A misst fuer das Raumschiff B eine Geschwindigkeit von 20 km/h, fuer Raumschiff C eine Geschwindigkeit von 30 km/h. Der Beobachter auf Raumschiff B misst fuer Raumschiff C eine Geschwindigkeit von 10 km/h. (Wie gesagt, rein klassische Physik.)

Wuerden Sie fragen: Wie kann denn Raumschiff C gleichzeitig zwei Geschwindigkeiten haben?  Beschleunigt oder bremst es, je nachdem ob es gerade von A oder von B aus beobachtet wird? Ist „Geschwindigkeit“ ueberhaupt etwas reales?

Oder haben wir da einen Widerspruch in der klassischen Physik aufgedeckt, naemlich den unhaltbaren Ausdruck 10 km/h = 30 km/h?

Meine Aussage, dass zwei verschiedenen Messergebnisse mit zwei verschiedenen Meßvorschriften nicht vorkommen dürfen und ungültig sind, bezieht sich natürlich auf ein und dasselbe Ereignis: Zwei Objekte können sich z.B. nicht gleichzeitig mit 30 km/h und 10 km/h zueinander bewegen, das leuchtet wohl ein. Vergessen Sie aber bitte nicht, dass eine Relativgeschwindigkeit immer jeweils paarweise zwischen Objekten bestimmt wird, und dass ein Objekt folglich unendlich viele Relativgeschwindigkeiten paarweise mit anderen Objekten gleichzeitig hat, wie auch in Ihrem Gedankenexperiment.

Natürlich ergibt sich dadurch kein Widerspruch in der klassischen Physik, natürlich entsteht in diesem Fall kein unhaltbarer Ausdruck 10 km/h = 30 km/h und ich würde keinesfalls fragen, wieso ein Objekt verschiedene Relativgeschwindigkeiten zu anderen Objekten hat. Dass ein Objekt gleichzeitig verschiedene Geschwindigkeiten zu anderen Objekten hat, ist im Gegenteil ganz normal, und ich sage ja im Gegenteil die ganze Zeit nichts Anderes, und zwar, dass ein und dasselbe Objekt nicht ein und dieselbe Geschwindigkeit zu anderen bewegten Objekten haben kann, wie es in der SRT seltsamerweise postuliert wird.

In Ihrem Gedankenexperiment bestehen also ganz normal und per Definition verschiedene Geschwindigkeiten gleichzeitig zwischen den 3 verschiedentlich bewegten Objekten:

– Geschwindigkeit Raumschiff C zu Raumschiff A = 30 km/h
– Geschwindigkeit Raumschiff C zu Raumschiff B = 10 km/h

Ihr Gedankenexperiment gemäß Postulat Einsteins würde aber ganz anders aussehen und zu unlösbaren Widersprüchen führen, wenn man postuliert, dass eines der 3 Raumschiffe (z.B. Raumschiff C), mit der seltsamen und „kontra-intuitiven“ Eigenschaft versehen wäre, grundsätzlich eine konstante Geschwindigkeit zu den beiden anderen Raumschiffen zu haben, egal wie schnell sie sich relativ zu ihm bewegen (hier per Definition A = 30 km/h und B =10 km/h):

– Geschwindigkeit Raumschiff C zu Raumschiff A gemäß Postulat = 30 km/h
– Geschwindigkeit Raumschiff C zu Raumschiff B gemäß Postulat = 30 km/h

wobei widersprüchlicherweise die Geschwindigkeit des Raumschiffs C zu Raumschiff B nicht 30 km/h beträgt (wie postuliert), sondern 10 km/h (wie definiert): Es entsteht also hier durch das Postulat der unzulässige Ausdruck 10 km/h = 30 km/h. Das Postulat ist mit der Definition inkompatibel.

Dieser unlösbare Widerspruch ist auch in meinem Strand-Gedankenexperiment ersichtlich, wenn die Wasserwelle mit der seltsamen und „kontra-intuitiven“ Eigenschaft per einsteinschem Postulat versehen wird, sich immer mit 70 km/h zu allen Beobachtern zu bewegen, egal wie schnell die Beobachter sich selbst wiederum zu der Welle bewegen. In der klassischen Physik hat eine „normale“ Wasserwelle natürlich gleichzeitig verschiedene Geschwindigkeiten zu verschiedenen Beobachtern, abhängig von ihren eigenen jeweiligen Geschwindigkeiten (wie auch in Ihrem „klassischen“ Raumschiff-Gedankenexperiment).

Ihr ganz „klassisches“ Gedankenexperiment mit den Raumschiffen bringt also nichts zur Klärung der Widersprüche aus dem einsteinschen Postulat und beantwortet keinesfalls die Frage aus meiner letzten E-Mail, wie Sie sich persönlich vorstellen, dass in der Realität ein Strand sich real und materiell verkürzen muss, damit die rein mathematisch berechnete relativistische Geschwindigkeitsaddition stimmt, und damit die jeweilige materielle Begegnung der Welle mit den Beobachtern an den relativistisch berechneten Standorten in der Realität stattfindet. Das ist mir nämlich weiterhin ein Rätsel.

Mit freundlichen Grüßen
Jocelyne Lopez



Comments

  1. August 19th, 2008 | 20:19

    […] erhielt im Zusammenhang mit dem Austausch mit Herrn Dr. Markus Poessel vom 10./12.08.08 folgende […]

  2. August 26th, 2008 | 17:44

    […] erhielt im Zusammenhang mit dem Austausch mit Herrn Dr. Markus Poessel vom 17./19.08.08  folgende E-Mail-Antwort Von Markus Pössel An Jocelyne Lopez Datum: 24.08.08 Betr.: Re: Frage zur […]

  3. September 16th, 2008 | 08:51

    […] 10./12.08.08 Austausch mit Herrn Dr. Markus Poessel vom 10./12.08.08 […]