Blog – Jocelyne Lopez

Hans Deyssenroth: Fehlinterpretation in der Speziellen Relativitätstheorie?

Eine Abhandlung von Hans Deyssenroth über eine Fehlinterpretation in der Speziellen Relativitätstheorie:

Die Lorentztransformationen bilden eine Lie-Gruppe, deren Elemente ein spezielles Koordinatensystem (Inertialsystem) in ein anderes Inertialsystem transformieren. Die weitere Anwendung mathematischer Regeln in diesem Kontext führt zur Speziellen Relativitätstheorie (SRT), mit der Schlussfolgerung, dass beim Zwillingsparadoxon in den bewegten Inertialsystemen (Hin- und Rückflug) die Zeit langsamer vergeht. Bei dieser Betrachtungsweise wird aber die Herleitung und der eigentliche Sinn der Lorentztransformation ignoriert, und aufgrund eines Skalierungsfehlers kommt eine falsche Interpretation zustande.

Die Lorentztransformation wurde eigentlich mit der Absicht entwickelt, die damalige Vorstellung vom Äther als Transportmedium für das Licht zu erhalten. Bei einem sich bewegenden Inertialsystem gilt in Bezug auf ein ruhendes Inertialsystem die Galilei-Transformation mit der Komponente x‘ = x – vt und x = x‘ + vt‘ . Ein Lichtstrahl hätte in diesem System mit dem Äther dann folgende Gleichung x‘ = (c – v)t = (c – v)t‘ . Der Lichtstrahl bewegt sich also im bewegten System nur mit der Geschwindigkeit c – v. Dann forderte aber Einstein, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen gleich sein muss. Damit entstand ein Widerspruch, der korrigiert werden musste, und dies wurde durch die Lorentztrans-formation erreicht. Diese erzwingt nämlich die Gleichberechtigung der beiden Inertialsysteme und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit mit dem Korrekturfaktor.

? = 1/?(1-(v/c)2).

In diesem Faktor ist aber nichts anderes als das geometrische Mittel der Komponenten (1 – v/c) und 1 + v/c) enthalten. Mit diesem Vorgehen werden also die relativistischen Effekte der beiden Inertialsysteme so ausgeglichen, dass die Lichtgeschwindigkeit in beiden Inertialsystemen gleich bleibt ?(v/c) = ?(-v/c). Es gilt auch (ct + x)(ct -x) = (ct‘ + x‘)(ct‘ – x‘), was bedeutet, dass die geometrischen Mittelwerte der Komponenten ct ± x bzw. ct‘ ± x‘ in beiden Inertialsystemen gleich gesetzt werden.

Mit der Wahl des geometrischen Mittels befindet man sich nun aber in einem ganz anderen Operatoren-Raum als beim arithmetischen Mittelwert. Aus dem Additions- und Subtraktionsoperator wird der Multiplikations- und Divisionsoperator. Aus dem Divisionsoperator wird ein Wurzel-Operator usw. Alle weiteren Betrachtungen oder Berechnungen sollten nun mit diesem Operatoren-Set erfolgen, also keine Addition, und wenn doch, dann die logarithmierten Komponenten. Eine Mixtur dieser Operatoren aus den verschiedenen Operatoren-Ebenen führt zwangsläufig zu Fehlinterpretationen, ähnlich einer Berechnung von Werten aus unterschiedlich skalierten Koordinatensystemen ohne Berücksichtigung der Skalierung. Dieser Anfängerfehler kommt z.B. bei statistischen Auswertungen immer wieder mal vor und wird leicht übersehen.

Besonders deutlich wird dies beim Zwillingsparadoxon. Im Lehrbuch von Hubert Gönner über die SRT z.B. heben sich die relativistischen Zeitdilatationseffekte des Hinflugs und Rückflugs nicht auf, weil die folgenden Frequenz-Komponenten addiert werden, die von den Uhren mit der Grundfrequenz fo in den beiden Inertialsystemen Z1 (zu Hause gebliebener Zwilling) und Z2 (hin- und zurückgereister Zwilling) gesendet werden und im anderen Inertialsystem empfangen werden.

(Hans Deyssenroth)

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Der Autor hat seine Überlegungen bei der Tagung der Gesellschaft zur Förderung der wissenschaftlichen Physik e.V. in Salzburg am 6./7.10.2007 vorgetragen und stellt sie auch im Forum von Ekkehard Friebe und im Forum von Harald Maurer zur Diskussion.

(Jocelyne Lopez)