1. Juli 2008
Hans Deyssenroth zur Mathematik und zum Mathematismus
Ein Kommentar von Hans Deyssenroth im Rahmen meiner Anfrage vom 27.06.08 an die Fakultät für Mathematik von 12 deutschen Universitäten, siehe: 2008, Jahr der Mathematik oder des Mathematismus?:
Im Taschenbuch von R. Feynman QED (für Laien) finden Sie auf der Seite 114 im Feynmandiagramm ein Elektron, das in der Zeit zurückeilt, um ein Photon zu absorbieren. Wir wissen aber, dass die Zeit nur in einer Richtung zeigen kann, nämlich in die Zukunft. Dennoch wird in der mathematischen Verfahrensweise die zurücklaufende Zeit für die Beschreibung von Antiteilchen benutzt, weil Theorie und Experiment auf viele Stellen hinter dem Komma exakt übereinstimmen. Dies ist ganz typisch für die heutige Physik: man kann die beobachteten Befunde mit absurden mathematischen Formeln beschreiben, aber man kann sie nicht erklären. Den meisten Physikern fehlt das Bewusstsein für diesen Unterschied. S. Hawkins hat Jahrzehnte gebraucht, um einzusehen, dass die Zeit nur vorwärts läuft.
In den modernen Relativitätstheorien läuft es so ähnlich: Man baut die allgemeine RT auf Axiomen auf, die rein geometrisch begründet sind. Sie sind daher nicht angreifbar. Die axiomatische RT ist mathematisch voll konsistent mit den Axiomen (im Gegensatz zu der alten SRT, die ihren Postulaten widerspricht) und daher mathematisch vollkommen richtig. Die experimentellen Resultate z.B. in den Elementarteilchen-Beschleunigern stimmen auf mehrere Stellen hinter dem Komma mit dieser Theorie überein. Darum sagen die Physiker: Die RTen sind richtig! Jeder, der daran zweifelt hat nicht alle Tassen im Schrank. Einige Physiker sind sich aber darüber im Klaren, dass die RT die beobachteten Phänomene nur beschreibt und den gesunden Menschenverstand übersteigt.
Wenn Sie also versuchen die RT mit dem gesunden Menschenverstand zu verstehen, kämpfen Sie gegen Windmühlen. Die Mathematik der axiomatischen RT ist in Ordnung. Sie hat aber keinen Bezug zur Wirklichkeit!
Das Ganze erinnert mich an die Epizyklentheorie. Auch dort stimmten die Berechnungen mit den Beobachtungen genau überein, aber die physikalische Interpretation war völlig falsch. Eines muss man Einstein zugute halten: Er hat die Situation richtig eingeschätzt, als er sagte: „Mathematik ist die perfekte Methode, sich selbst an der Nase herum zu führen.“ Wenn Mathematik und Experiment übereinstimmen, muss also die mathematische Interpretation, wie z.B. die zurücklaufende Zeit oder die gekrümmte Raumzeit nicht notwendigerweise physikalisch richtig sein. Das wird z.Z. von den meisten Physikern nicht wahrgenommen.
Meines Erachtens muss man daher einen anderen Weg suchen, um aus diesem 100 Jahre dauernden Konflikt rauszukommen. Man muss sich z.B. überlegen, warum ein Myon, das sich schnell bewegt, langsamer zerfällt. Es müssen bislang unbekannte Wechselwirkungen einen Einfluss auf die Zerfallszeit haben. Warum das gerade mit den Formeln der SRT so exakt beschrieben werden kann, müsste dann auch erklärt werden.
(Hans Deyssenroth)