Blog – Jocelyne Lopez

Die merkwürdige Antwort des MdL Reiner Priggen – LANUV NRW: Verbandsklagerecht in einem totalitären Staat?

Ich verweise auf die Petition Nr. I.3/16-P-2014-04842-03 vom 18.11.2014 nach § 17 GG, die aktuell dem Landtag Nordrhein-Westfalen zur Prüfung und Entscheidung vorliegt und fasse kurz den Sachverhalt zusammen:
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Am 04.08.2014 haben wir eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen Vorwürfen der Verstöße gegen das geltende Tierschutzgesetz §§ 1, 2, 7, 8 und 11 bei der Genehmigung der Tierhaltung im Affenlabor Covance durch die Behörde LANUV NRW erstattet: Sowohl das geltende deutsche Tierschutzgesetz als auch das EU-Recht schreiben nämlich verbindlich eine artgerechte Haltung der Tiere vor.
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Am 03.09.2014 hat die Staatsanwaltschaft Bochum die Strafanzeige mit der Begründung eingestellt, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorlägen und weigert sich, Ermittlungen einzuleiten und die öffentliche Klage im Interesse der Allgemeinheit zu erheben. Ich erinnere daran, dass nach Strafprozessordnung eine Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, sogar nur bei einem Anfangsverdacht Ermittlungen einzuleiten und bei sich bestätigendem Verdacht Anklage zu erheben.
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Am 15.11.2014 haben wir eine Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm wegen Einstellung unserer Anzeige durch die Staatsanwaltschaft Bochum eingereicht.
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Am 07.01.2015 hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamm unsere Beschwerde wegen Einstellung unserer Strafanzeige durch die Staatsanwaltschaft Bochum abgewiesen und die Einstellung der Strafanzeige bestätigt.

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Vor diesem Hintergrund verweise ich auf die Befragung der Petentin Sandra Lück vom 12.01.2015 über das Verbandsklagerecht im Land NRW an den Fraktionsvorsitzenden der Partei die GRÜNEN im Abgeordnetenwatch, Reiner Priggen,  sowie auf dessen Antwort vom 14.01.2015:

Frage von Sandra Lück vom 12.01.2015 und
Antwort von Reiner Priggen vom 14.01.2015

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Diese Antwort lässt aus meiner Sicht viele Fragen offen, weil hier meiner Meinung nach eine ganz merkwürdige Rechtslage ersichtlich wird:
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1) Lediglich 7 Personen (die Vorstandsvorsitzende von 7 vom Umweltministerium NRW zugelassenen Vereinen) dürfen die Behörde LANUV NRW bei Vorwürfen der Verstöße gegen Gesetze verklagen, und zwar empfindlich kostenpflichtig:

a)   Ist es normal, dass die Verfolgung von etwaigen Strafbeständen der Behörde LANUV NRW durch die  kostenpflichtige Privatinitiative von lediglich 7 Bürgern vorgenommen werden darf? Gemäß Verfassung und Strafprozess-ordnung dürfen Strafbestände einzig von den Staatsanwaltschaften verfolgt werden, und zwar kostenfrei für die Bürger, was jedem auch einleuchtet (die Steuerzahler finanzieren ohnehin die Staatsanwaltschaften).

b)  Ist es normal, dass die Aufsichtsbehörde des LANUV NRW, das Umweltministerium NRW, selbst bestimmen darf, welche Bürger etwaige Strafbestände ihrer untergeordneten Behörde privat verklagen dürfen? Hier wird irgendwie die merkwürdige Konstellation geschafft, dass ein mutmaßlicher Täter bestimmen kann, wer ihn privat verklagen darf und wer nicht.
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2) Reiner Priggen teilt der Bürgerin offensichtlich mit, dass das Recht der restlichen Bürger in der Bevölkerung, die etwaigen Strafbestände der Behörde LANUV NRW durch die Staatsanwaltschaften verfolgen zu lassen unberührt bleibt. Hier stellen sich jedoch die Fragen:

a)   Wenn alle Bürger ohnehin etwaige Strafbestände der Behörde LANUV NRW ungehindert und kostenfrei über den ordentlichen Rechtsweg, sprich über die Staatsanwaltschaften, verfolgen lassen können, warum wurde dann das kostenpflichtige und eingeschränkte Verbandsklagerecht durch die GRÜNEN 2013 eingeführt? Was für ein zusätzliches Nutzen, was für ein zusätzlicher Vorteil für die Allgemeinheit? Ich sehe kein zusätzliches Nutzen und nur Nachteile.

b)   Es erweist sich in der Praxis – und zwar nicht nur im Bereich Tierschutz, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen –  dass die Staatsanwaltschaften nie die etwaigen Strafbestände einer Behörde verfolgen, nie. Strafanzeigen gegen den Staat werden systematisch von den Staatsanwaltschaften mit der Begründung eingestellt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorlägen.  Das ist Standard. Das ist sogar offensichtlich ein gut beobachtetes und bekanntes Mechanismus, da ich vor kurzem den Spruch gehört habe: „Die Staatsanwaltschaften sind bekanntlich dafür da, um den Staat vor den Bürgern zu schützen“.

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Mein Fazit: Im Rechtsstaat NRW darf die Behörde LANUV NRW tun und lassen, was sie will, sie ist in der Praxis nicht an Recht und Gesetz gebunden und braucht sich nie vor Gericht wegen etwaigen Strafbeständen zu verantworten. Das Land NRW ist de facto ein totalitärer Staat.

Ich habe zwar wiederholt die Ministerpräsidentin und Staatsoberhaupt des Landes NRW, Frau Hannelore Kraft, auf diese bedenklichen Zustände aufmerksam gemacht, aber sie fühlt sich hier nicht betroffen, siehe zum Beispiel: Massaker von Primaten an der Uni Bochum: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wäscht sich wieder einmal die Hände in Unschuld

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In Gedenken an den Tierschützer und Tierrechtler Gerhard Oesterreich
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